Immanuel Kant in Werken der modernen Kunst
(1) Alevtina Kakhidze: „Thinking About Immanuel Kant on 26.02.2022". Die ukrainische Künstlerin Alevtina Kakhidze schuf diese Zeichnung am 26. Februar 2022 während sich russische Panzer ihrem unweit von Kiew gelegenen Studio näherten, die schließlich von der ukrainischen Armee wenige Kilometer entfernt aufgehalten werden konnten. Kakhidze ist heute noch immer in der Ukraine und stellt die Frage, ob der von Kant beschriebene Friede jemals erreichbar sein wird. © A. Kakhidze
(2 und 3) Einsendungen zur Kunstaktion „KANT PERFO-RATIO“, die auch auf die Bedeutung des Wortes „KAHT“ im Russischen (=Kante, Rahmen, Saum) anspielte. Der in Russisch und Englisch veröffentlichte Einladungstext lautet: KANT PERFO-RATIO. Frame, „KAHT“*, contiguous, that belongs neither completely to a wall, nor to a painting is the wohle point of the mail art project. Kant as a mount of the European civilisation. A stamp is a painting, that has a perforation at the edge of canvas as a frame. It is impossible to hang, but possible to glue. Lets glue every imperative to its place and time. – Russian-English dictionary *KAHT 1 (famous philosopher) Immanuel Kant; *KAHT 2-1. edging, piping. 2. mount (for picture, etc.). (Kaliningrader Kunsthistorisches Gebietsmuseum)
(3) wie (2)
(4) Werbeplakat zur Kant-Ausstellung am Königsberger Dom (Foto: Matthias Weber, 2018
(5) „Immanuel Kant 1724-2024. Ein europäischer Denker“. Der 2022 in der BKGE-Schriftenreihe erschienene Bildband legt einen Schwerpunkt auf die Rezeption Kants in der modernen Kunst. (Foto: BKGE)
(6) Zu Lebzeiten Kants entstandene Porträts sind sehr selten. Das Porträt stammt von dem Königsberger Miniaturmaler Friedrich Wilhelm Springer und ist vermutlich 1795 entstanden. Es zeigt den Philosophen, der dem Künstler persönlich Modell gesessen hatte, in Dreiviertelansicht mit Stutzperücke in einem grünen Rock (Deutsches Historisches Museum, Berlin, Inv. Nr. Gr 2016).
Ein Dokumentations- und Forschungsprojekt „in progress“
Matthias Weber
(Abbildung 1 Alevtina Kakhidze)
1. Vorbemerkungen zur Bedeutung von ‚Kants Ästhetik‘ für die Kunst
Schöne Kunst dagegen ist eine Vorstellungsart, die für sich selbst zweckmäßig ist, und obgleich ohne Zweck, dennoch die Kultur der Gemütskräfte zur geselligen Mitteilung befördert.1
Dieses Zitat stammt aus dem vierundvierzigsten Paragrafen der 1790 erschienenen „Critik der Urtheilskraft“ von Immanuel Kant. Ob der Autor ahnte, welche Folgen gerade dieser Gedanke für die späteren Auseinandersetzungen mit Kunst haben sollte?
Nach der „Critik der reinen Vernunft“ (Riga 1781) und der „Critik der practischen Vernunft“ (Riga 1788) ist die „Critik der Urtheilskraft“ (Berlin, Liebau 1790) Kants drittes Hauptwerk; es ist in die beiden Hauptkapitel „Critik der ästhetischen Urtheilskraft“ und „Critik der teleologischen Urtheilskraft“ gegliedert. Im Folgenden ist das erste Kapitel von Interesse, in dem Kant eine Theorie der Ästhetik, bezogen auf das Schöne in der Natur wie in der Kunst, entwickelt. Die in der Auflage von 1793 (die der Neuausgabe durch die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften zugrunde liegt) 264 Textseiten umfassende „Critik der ästhetischen Urteilskraft“ ist keine einfache Lektüre, doch wurde sie zu einem Schlüsseltext der Ästhetik und der Kunstkritik.
Über Kants ästhetische Theorie wurde (und wird) aber nicht nur im Bereich der Philosophie diskutiert. Sie ist auch für die Auseinandersetzung mit der Ästhetik in der Musik, in der bildenden Kunst, in der Architektur, im Bereich des materiellen Kulturschaffens allgemein und besonders in den Kunst- und Bildwissenschaften zu einem erstrangigen Referenztext geworden.2 Besonders im Diskurs über die Theorie des Ästhetischen in der Kunst werden Überlegungen Kants über die Konzeption und die Rationalität des ‚Schönen‘, des ‚Erhabenen‘ sowie des Geschmacksurteils immer wieder herangezogen:
- Kant verwendet den Begriff ‚Kunst‘ in verschiedenen Kontexten. Im Bereich der Kunstwerke unterscheidet er zwischen ‚mechanischer‘ und ‚ästhetischer‘ Kunst. Zur erstgenannten rechnet Kant Artefakte, deren Herstellung
auf Beherrschung von Regeln, Kenntnissen, Wissen und/oder der Anwendung erlernter Fertigkeiten beruht. In Abgrenzung dazu beschreibt Kant die ‚angenehme oder schöne Kunst‘, deren Beurteilung
allein vom Betrachtenden ausgeht, jenseits aller mechanischen oder technischen Dimensionen.
- Kant geht es nicht in erster Linie um eine Theorie der Kunst oder der Kunstproduktion, sondern um die Untersuchung der Bildung ästhetischer Urteile. Dabei geht Kant vom betrachtenden Subjekt aus und grenzt die Besonderheit der ästhetischen Kommunikation von der wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung ab. Die Kommunikation über Ästhetik und ‚Schönheit‘ unterscheide sich vom Wissenschaftsdiskurs, sei aber keineswegs auf beliebige private Meinungen gegründet. Deren Entstehung verortet er im Lebensgefühl des betrachtenden Subjekts.3 Kant nimmt an, dass es ein ästhetisches Wohlgefallen speziell an denjenigen Kunstwerken gebe, die von einem ‚Genie‘ aus Intuition geschaffen worden seien. Die Fähigkeiten, solche Kunstwerke zu erzeugen, habe das Genie allein von der Natur erhalten, obgleich es unter der Anleitung einer ‚Schule‘ oder durch das Beispiel eines ‚Meisters‘ gefördert und gebildet werden kann.
- „Kants Konzeption vom Schönen nimmt Maßstab an der Natur, um diese dann auch in der Kunst zu bestimmen“.4 Er entwickelt das Wertprädikat ‚Schönheit‘ anhand der Natur des Ästhetischen. ‚Schön’ sei, was ohne konkreten Nutzen und ohne dass weitergehende erlernte Kenntnisse oder Fähigkeiten vorhanden sein müssen, das Wohlgefallen oder die Billigung der Betrachtenden findet und was deren subjektivem ‚Geschmack’ entspricht. Kant verzichtet auf Wahrheits- oder Nützlichkeitserwägungen bei der Beurteilung, da das Ästhetische von Natur aus ohne Zweckbestimmung sei.
Kant definiert das Schöne als ein nicht zweckorientiertes Wohlgefallen ohne weitere begriffliche Festlegungen und beschreibt das zwar subjektive aber dennoch verallgemeinerbare Geschmacksurteil und die ästhetische Erfahrung als freies Spiel von Erkenntnisvermögen, Einbildungskraft, Sinnlichkeit und Verstand. Es sind diese Erkenntnisse, die dazu geführt haben, dass die „Critik der ästhetischen Urtheilskraft“ vielfach für das Werk gehalten wurde (und wird), das der modernen Kunst den Weg geebnet hat.5
Obwohl Kants Theorie der Ästhetik eigentlich primär dem Naturschönen gewidmet ist, beziehen sich gerade auch Interpreten neuerer und zeitgenössischer Kunstwerke darauf. Der Ästhetiker Wolfgang Welsch hat dies 2007 in einem Essay näher untersucht, dabei die engen Wechselbeziehungen von Philosophie und Kunst beschrieben und angemerkt, dass sich die Philosophie in der neueren Kunst „eminenter Nachfrage“ erfreue und dass der Umfang, in dem sich heutige Künstler der philosophisch-ästhetischen Reflexion zuwenden, neuartig sei.6
In diesem ‚philosophiegetränkten’ (Welsch) Umfeld wenden sich schließlich auch die Künstler selbst Kants Werk zu und rezipieren seine Ästhetik vielfach als eine Theorie der modernen und zeitgenössischen Kunst, um eigenes Schaffen zu erklären und zu deuten. Die Resonanz der „Critik der ästhetischen Urtheilskraft“ in den Wissenschaften ebenso wie in den unterschiedlichen Bereichen der Kunst hält bis heute an.7
2. Fragestellungen, Projektziele, Forschungsstand
2. 1 Fragestellungen, Themen und Projektziele
Im Mittelpunkt des hier vorgestellten Projekts stehen jedoch nicht die vorstehend angesprochenen Fragen der Rezeption von Kants Ästhetik und der Aufklärungsphilosophie allgemein durch die bildende Kunst. Diese bilden vielmehr den allgemeinen Rahmen und den Hintergrund, der Künstler zu entsprechenden Bezugnahmen auf Kant und die Aufklärung veranlasst haben und müssen insofern in die durchzuführenden Werkanalysen einbezogen werden.
Ausgangspunkte des Projekts sind vielmehr in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis zur Gegenwart entstandene Kunstwerke, die die Person Kant oder dessen Werk unmittelbar und direkt aufgreifen. Es geht um explizite und konkrete Bezugnahmen auf Kant in der modernen und zeitgenössischen Kunst.8
Diese in der Sprache, mit den Mitteln und den Ausdrucksformen der Kunst stattfindende künstlerische Auseinandersetzung mit Kant soll nachvollzogen und die ‚künstlerische Kommentierung’ Kants untersucht werden. Dabei wird von den Gegebenheiten und Besonderheiten jedes Einzelfalls ausgegangen, um zu untersuchen, welcher Art die Verbindungen zwischen dem Werk und dem Philosophen jeweils sind. Man wird dementsprechend individuelle Ergebnisse erwarten dürfen, die von Künstler zu Künstler und Werk zu Werk variieren werden.
Dabei ist nach den biographischen, in der Person und der Kreativität des jeweiligen Künstlers liegenden Kontexten des Interesses und der Auseinandersetzung mit Kant ebenso zu fragen wie nach den künstlerischen, kulturellen, sozialen oder politischen Diskursen, in denen die jeweils betrachtete Arbeit steht.
Von Interesse ist dabei, welche Positionierungen von Künstlern zu Kant feststellbar sind, welche Urteile und Wertungen transportiert werden und welche (neue oder traditionelle) Aspekte des Kantverständnisses die ‚Kommentierung durch Kunst’ eröffnet. Eingeschlossen ist die Frage, ob hier auch – womöglich bislang nicht bekannte – Formen der Kritik speziell an Kant, seiner Rezeption oder allgemein an gesellschaftlichen Gegebenheiten geäußert werden.
Inwiefern die Thematisierung Kants in der modernen und zeitgenössischen Kunst zugleich auch mit einer werkimmanenten künstlerischen Rezeption der eingangs angesprochenen Kant’schen Ästhetik verbunden sein kann, wird sich im Einzelnen anhand der analysierten Werke zeigen.
Derartige Fragen können allerdings nur beantwortet werden, wenn die entsprechenden Kunstwerke für die Untersuchung und Auswertung bereitstehen. Eine Übersicht oder ein Verzeichnis der Kant thematisierenden Werke der modernen Kunst existiert bislang allerdings nicht. Daraus ergibt sich die erste Aufgabe im Rahmen des hier vorgestellten Projekts: Die Ermittlung und Zusammenstellung entsprechender auf Kant bezugnehmender Werke – also die Erarbeitung der Quellengrundlage.
Recherchen werden unter Nutzung der Literatur und insbesondere von Online-Museumsdatenbanken, Kontakten zu Künstlern sowie durch punktuelle Auswertung einzelner Sammlungen durchgeführt. Sie haben ergeben, dass sich im ganzen 20. Und im 21. Jahrhundert bis in die Gegenwart international renommierte, ebenso wie weniger bekannte Künstler mit Immanuel Kant auseinandergesetzt haben und noch immer auseinandersetzen. Ihre Arbeiten sind in Museen weltweit vertreten. Ein Projektziel ist die erstmalige Zusammenführung, Kommentierung und Analyse einer Auswahl dieser weit verstreuten Werke.
2.2. Exkurs „Kaliningrad“
Aufmerksamkeit soll auch Werken russischer Künstler gewidmet werden, die sich, besonders in Kaliningrad – dem früheren Königsberg – mit Kant befassen. Hier stehen Person und Werk des Philosophen seit der politischen Öffnung der Region in den 1990er Jahren in einem spezifischen Kontext der Auseinandersetzung der russischen Bewohner mit dem kulturellen Erbe ihrer ehemals deutschen Stadt und dessen Aneignung.
1994 wurden in Kaliningrad fast gleichzeitig zwei Projekte mit Bezug auf Kant realisiert: In der Kaliningrader Kunstgalerie wurde in Kooperation mit der Künstlergilde Esslingen unter dem Rahmenthema „Kant gewidmet“9 eine Kunstausstellung Kaliningrader und Königsberger Künstler präsentiert. Im Kaliningrader Kunsthistorischen Gebietsmuseum wurde unter Leitung der Kuratoren Dmitry Bulatov und Valentina Pokladova das Kunstprojekt „Mail Art from Immanuel Kant: Perfo-Ratio“10 (Abbildungen 2 und 3 PerfoRatio) durchgeführt („Mail Art“ ist die Bezeichnung für ein Kunstprojekt, welches aus per Post oder Email übersendeten Werken – Briefe, Karten, Skizzen, Dokumente usw. – zu einem gewissen Thema besteht, wobei nicht das einzelne Werk, sondern die Interaktion im Vordergrund steht.) „An der „Mail-Art-Aktion“ hatten sich weltweit rund 100 Künstler beteiligt und ihre Arbeiten eingesandt. Dass seinerzeit in Kaliningrad diese unkonventionelle künstlerische Form der Auseinandersetzung mit dem deutschen Philosophen gesucht wurde, war kein Zufall, sondern ein kreativer Weg nach der politischen und kulturellen Öffnung auch gegenüber den deutschen Vergangenheit der Region, „neue Ideen und Gefühle auszudrücken und visuell komplizierte Dinge der Innenwelt des modernen Menschen darzustellen“.11
2001 wurde – wieder in der Kaliningrader Kunstgalerie und in der deutschen Partnereinrichtung, diesmal dem Museum Ostdeutsche Galerie in Regensburg – die Ausstellung „Kunst für Kaliningrad-Königsberg“12 gezeigt, die auch Werke über Kant enthielt. 2009 folgte im Kaliningrader Museum für Geschichte und Kunst die Ausstellung „Immanuel Kant und seine Zeit“, in der unter anderem Leihgaben des „Museums Stadt Königsberg“ (Duisburg) sowie Werke von russischen Künstlern über Kant gezeigt wurden. Die gemeinsam in deutsch-russischer Kooperation veranstaltete Ausstellung wurde in einem zweisprachigen, russisch-deutschen, in Kaliningrad erschienen Katalogband dokumentiert.13
Immanuel Kant ist heute in der Kunstszene Kaliningrads präsent. Hier hat die Kaliningrader Künstlerin Nelli Smirnjagina herausgehobene Bedeutung, denn sie hat seit 1992 zahlreiche Gemälde und Porträts dem Philosophen und seiner Stadt Königsberg gewidmet. 2017 wurde im Kant-Museum (im Dom) Werke der Künstlerin in einer eigenen Ausstellung präsentiert,14 die vom Ministerium für Kultur und Tourismus der Oblast‘ Kaliningrad gefördert wurde – ein Hinweis auf den hohen Stellenwert des deutschen Philosophen auch in kulturpolitischer Hinsicht.
Der Popularisierung von Kant in Kaliningrad widmet sich in jüngster Zeit die Olga V. Dmitrieva, die sich als ‚ethnographische Künstlerin“ bezeichnet und 2018 den ersten Kant-Comic in russischer Sprache sowie plakative Postkarten über Kant veröffentlicht hat und so dessen Wirken für die russischen Bewohner Kaliningrads in neuer Form lebendig werden lässt.15
Wie in der Wissenschaft waren seit dem Ende des Kalten Krieges die Person und die Philosophie Kants auch im künstlerischen Leben ein Thema, das vor allem in deutsch-russischen Kooperationen aufgegriffen wurde. Im Gegensatz zum politischen Raum blieb die Kunst mit Bezug zu Kant meist jenseits von nationalen Vereinnahmungen und bildete dadurch eine Brücke zwischen Deutschen und Russen. Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 sind allerdings sämtliche institutionellen Kontakte zwischen Museen in Deutschland und Kaliningrad abgebrochen und es ist nicht zu erwarten, dass im Jahr 2024 eine gemeinsame künstlerische (oder anderweitige) Würdigung des großen Philosophen in Kaliningrad stattfinden wird (Abbildung 4 Ausstellung Kaliningrad).
2.3 Zum Forschungsstand
Die erste systematische Studie über den Einfluss Kants auf die visuelle Kunst, über dessen Rezeption durch Künstler und durch die Kunstgeschichte, wurde 2001 von dem in Toronto lehrenden Kunsthistoriker Mark A. Cheetham16 vorgelegt. Darin wird unter anderem die Präsenz Kants unter den deutschen Künstlern in Rom um 1800, der Einfluss Kants auf die Entwicklung der ästhetischen Theorie in den kunstgeschichtlichen Studien von Heinrich Wölfflin (1864-1945) und Erwin Panofsky (1892-1968) sowie weiterer maßgeblicher Kunsthistoriker beschrieben. Ausgehend von dem Einfluss der Kant‘schen Ästhetik auf Caspar David Friedrichs Landschaftsbildern17 führt Cheetham Belege für die weitere Kant-Rezeption im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert an, für die Einbettung seiner ästhetischen Theorie in den modernen Diskurs sowie zu dessen Einfluss auf den amerikanischen Kunstkritiker Clement Greenberg, der 1960 in seinem Werk „Modernist Painting“ Kant als „the first real Modernist“18 bezeichnet hatte. Dieses Urteil Greenbergs wurde seinerseits eine Quelle kontroverser, bis in die Gegenwart reichender Debatten über den Einfluss von Kants Ästhetik auf die Kunst.19
Allerdings sind konkrete Bezugnahmen auf Kant in modernen Kunstwerken bisher noch nicht erfasst worden und deshalb wenig bekannt, so dass Kants Einfluss (bzw. der Einfluss aufklärerischer Theorien) auf eine bestimmte Arbeit in vielen Fällen nur aufgrund bestimmter Gestaltungsmerkmale indirekt deduziert werden kann, nicht aber evident ist.20 Deshalb ist für die vorliegende Studie von besonderem Interesse, dass Cheetham als erster und bislang einziger systematisch konkrete künstlerische Bezugnahmen auf Kant am Beispiel einiger neuerer Kunstwerke zeigt21 und damit die Auseinandersetzung moderner Künstler mit Kant anspricht. Insofern ist Cheethams Studie hier wegweisend.
Als Zwischenergebnis der Recherchen ist auf die 2022 erschiene Publikation „Immanuel Kant (1724-2024) – ein europäischer Denker“22 zu verweisen, deren Abbildungskonzept den Schwerpunkt auf die Wirkung Kants in der Bildenden Kunst legt (Abbildung 5 Band 83 der Schriften des BKGE). Gezeigt werden darin insbesondere künstlerische Arbeiten, die sich durch ihre Titel und Motive explizit auf Kants Werk oder Person beziehen und als Ergebnis künstlerischer Auseinandersetzung mit Kants Philosophie entstanden sind. Oft ist es überraschend, wie Künstler philosophisches Denken in der Sprache ihrer Bilder reflektieren.
Weitere systematische Forschungen mit dieser Fragestellung bestehen nicht.
Die im Zuge des Projekts Immanuel Kant in der modernen Kunst ermittelten Kunstwerke werden mit den Methoden der wissenschaftlichen Bildinterpretation hinsichtlich ihres Bedeutungsgehalts analysiert. Dazu gehört jeweils die Auswertung der Sekundärliteratur sowie nach Möglichkeit von Äußerungen über das Werk von Seiten des Künstlers.
3. Kant in Werken der ‚älteren’ Kunst und ihre Dokumentation
3.1 Ältere Kant-Ikonographie
Zunächst ist ein summarischer Blick auf die älteren auf Kant bezugnehmeden Kunstwerke (bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts) zu werfen, da diese die moderne Kunst beeinflusst haben. Die erste Manifestierung Kants in der Kunst sind die zu seinen Lebzeiten entstandenen Porträts und Plastiken23, die zum Teil24 auf persönliche Bekanntschaften ihrer Urheber mit Immanuel Kant zurückgehen (Abbildung 6 Kant-Porträt). Diesen Porträts, deren Entstehungsumstände und Aufbewahrungsorte erforscht, die beschrieben und verglichen wurden, hat die Kantforschung viel Aufmerksamkeit geschenkt. Den Porträts nach dem Berliner Maler Gottlieb Doebler wurde unlängst eine eigene Studie gewidmet.25
Zuletzt wandte sich Cheetham den Kant-Porträts mit einer neuen Fragestellung zu: Unter der Überschrift „Kants Schädel: Porträts und das Bild der Philosophie, von 1790-1990“26 analysierte er die Konsequenzen, welche die hohe Wertschätzung Kants für die zeitgenössische Porträtkunst hatte. Er zeigte den Zusammenhang zwischen der damaligen Phrenologie (Lehre des Zusammenhangs von Schädelform, Gehirn und Charakter) und physiognomischen Spezifika der Kant-Porträts auf. Man glaubte im 18. und 19. Jahrhundert etwa, bei dem ‚Genie’ Immanuel Kant eine typische deutsche Nationalphysiognomie zu erkennen, und versuchte, dieser in den Porträts Ausdruck zu verleihen: Je stärker Kant als der überragende deutsche Philosoph stilisiert wurde, desto stärker wurde als Anzeichen seines Intellekts die Stirnpartie betont, um die Lehre der Phrenologie zu beweisen (besonders deutlich bei dem Miniatur-Porträt von Charles Vernet von 1792, das Kant ohne Perücke darstellt) – auch die bekannte Fotografie von Kants Schädel wurde später herangezogen, um diese Argumentation zu stützen.27
Die frühen Porträts entfalteten eine erhebliche Langzeitwirkung, weil sie die Vorlagen für die ‚Porträtproduktion’ des 20. Und 21. Jahrhunderts waren bzw. sind und auf Kupferstichen, Gemälden, Zeichnungen, Standbildern, Reliefs, Briefmarken, Medaillen usw. vervielfältigt wurden. In der Gegenwart werden diese ‚Kant-Ikonen’ häufiger als je zuvor variiert und insbesondere in digitalen Bearbeitungen verfremdet. Die frühen Kantporträts dienen heute nicht zuletzt als Blaupausen für die Verwendung des Namens und der Person des Philosophen in den Medien und besonders auch im Bereich der Werbung. Dies hat zu einer neuen medialen Präsenz der frühen Porträts und damit der Person Kants geführt.
3.2 Dokumentationen der Kunstwerke mit Bezug auf Kant
Es gibt mehrere, unabhängig voneinander entstandene „Kantiana“-Dokumentationen, die auch Werke der bildenden Kunst erfassen: Der 2004 anlässlich des 200. Todestages herausgegebene Katalog zur Jubiläumsausstellung „Immanuel Kant. Erkenntnis, Freiheit, Frieden“28, enthält die bislang umfassendste Zusammenstellung von Kunstwerken und Artefakten unterschiedlichster Art mit Bezug zu Immanuel Kant.
Die an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz angesiedelte Kant–Forschungsstelle präsentiert eine „Kantiana-Sammlung“ als virtuelle Online-„Ikonographie“29, in der unter anderem Image-Files von Gemälden, Karikaturen, Zeichnungen, Medaillen und Büsten digital abgerufen werden können. Sie sind jeweils mit weiterführender erklärender Sekundärliteratur versehen, deren Dichte das hohe Interesse der älteren Forschung an den einzelnen Stücken verdeutlicht und ein gutes Bild des Forschungsstandes bietet.
Zu erwähnen ist auch die an der Universität Manchester im Rahmen des Projekts „Kant in the Classroom“30 online erfasste und kommentierte „Kant Iconography“, die die vollständigste Dokumentation von Kant-Porträts enthalten dürfte. An den genannten Orten sind auch die Kunstwerke vom 18. bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts mit Bezug auf Kant weitgehend repräsentiert. Diese „älteren Kantiana“ sind also insgesamt gut dokumentiert.
Ganz anders sieht der Befund für die Kunst nach 1945 aus. Konkreten Bezugnahmen auf Kant in Werken der modernen Kunst, also in Kunstwerken, die nach 1945 bis zur Gegenwart entstanden sind, wurde bislang kaum Aufmerksamkeit gewidmet. Sie spielen auch in der erwähnten Literatur über die Rezeption und Wirkungen der Ästhetik Kants nur am Rande eine Rolle. In den Dokumentationen und Kantiana-Sammmlungen sind Werke der modernen Kunst – bis auf wenige Ausnahmen – nicht verzeichnet. Allein in dem o.g., anlässlich des 200. Kant-Todestags erschienenen Ausstellungskatalog sind immerhin einige wenige Werke31 abgebildet. Zu erwähnen sind die Begleithefte zu den erwähnten Ausstellungen „Kant gewidmet“ (1994) sowie „Kunst für Kaliningrad-Königsberg“ (2001)32, in denen weitere einschlägige Werke verzeichnet und abgebildet sind.
Das Ostpreußische Landesmuseum in Lüneburg wird derzeit durch einen neuen, Immanuel Kant gewidmeten Anbau erweitert, der im „Kant-Jahr 2024“ eröffnet werden soll. Das Museum verfügt seit 2016 dank der Dauerleihgabe des ehemaligen Museums Stadt Königsberg (Duisburg) über eine größere Kant-Sammlung, die Kant in seiner Heimatstadt Königsberg als Person in neuer Form dem Publikum präsentieren wird.
4. Bezugnahmen in Werken der modernen und zeitgenössischen Kunst auf die Person und das Werk von Immanuel Kant
Im Rahmen des Projekts Immanuel Kant in Werken der modernen Kunst wird eine entsprechende Bild- und Textdatenbank als „Work in Progress“ erstellt. Nach dem gegenwärtigen Stand (September 2023) werden Werke mit Bezug zur Person und zum Werk Immanuel Kants u.a. der unten aufgeführten Künstler vorgestellt und interpretiert werden.
Das durch diese Namen vertretene künstlerische Spektrum ist in jeder Hinsicht heterogen. Stilistisch reicht es vom sozialkritischen Realismus der amerikanischen 1930er Jahre, über Surrealismus, Dadaismus oder Minimalismus bis hin zum klassischen Realismus der Gegenwart, über Grotesk-Malerei zur Pop-Art.
Bei den Werken handelt es sich um konventionelle Gemälde (Öl, Acryl), Zeichnungen, Aquarelle, Drucke oder Fotografien über „Ready-Mades“, Objekte, lebensgroße Figuren, Installationen bis hin zu interaktiven Kunst-„events“ und zur digitalen Kunst. Keiner der im vorstehenden genannten Künstler hat sich so intensiv und über einen vergleichbar großen, sich über Jahrzehnte erstreckenden Zeitraum mit Kant auseinandergesetzt, wie der deutsch-österreichischen Maler und Bildhauer Anselm Kiefer, in dessen Werk Kant eine herausragende Bedeutung hat.33 Bislang wurden die in der folgenden Übersicht erfassten Kunstwerke ermittelt. Ihre Auswertung und Analyse soll im Rahmen der nächsten Projektschritte erfolgen. Nach Klärung der teils kompliziert gelagerten Urheberrechte und der Copyrights, ist eine Präsentation der Werke vorgesehen.
Anmerkungen
1 Matthias Weber: Immanuel Kant in Werken der modernen Kunst (2018), https://e6da2cd8-8c9a-4290-a1af-5364de3b233f.filesusr.com/ugd/e49178_92d3e108a4e4494d9ba16b07434fae30.pdf (abgerufen 25.07.2023)
2 „Kant gewidmet“. Kunstausstellung Kaliningrader und Königsberger Künstler. Kaliningrad 1994; zweisprachiger deutsch-russischer Katalog. Die Ausstellung fand 1994 in Kaliningrad (Juli/August) und in Ellingen (Obtober) statt. Initiatoren: Kunstgalerie Kaliningrad und Künstlergilde Esslingen.
3 „Mail Art from Immanuel Kant: Perfo-Ratio“, 1994; dem damaligen Kurator, Dmitry Bulatov, Kaliningrad, ist für weiterführende Informationen zu danken. Die eingesandten Arbeiten befinden sich heute im Kaliningrader Kunsthistorischen Gebietsmuseum; Frau Valentina Pokladova ist für die im April 2018 erfolgte freundliche Bereitstellung der Werke zur Einsichtnahme zu danken.
4 Mark A. Cheetham: Kant, Art, and Art History. Moments of Discipline. Cambridge 2001.
5 Stiftung Ostdeutsche Galerie Regensburg (Hg.): „Kunst für Kaliningrad-Königsberg. 32 Künstler aus Deutschland“, bearb. von Axel Feuß (Schriften des Museums Ostdeutsche Galerie Regensburg 25). Regensburg 2001, zweisprachiger deutsch-russischer Katalog. Museum Ostdeutsche Galerie Regensburg (04.02.-25.03.2001), Kaliningrader Kunstgalerie (11.05.-25.06.2001).
6 Immanuel Kant und seine Zeit, 15.05.-30.09.2009. Museum für Geschichte und Kunst Kaliningrad, Museums Stadt Königsberg, Duisburg. Kaliningrad 2009.
7 Ministerium für Kultur und Tourismus der Oblast‘ Kaliningrad; Kant-Museum im Dom; Ausstellung, 22.04.2017-21.05.2017; „Die Stadt, Kant – mein Zeitgenosse“. Aquarell – Pastell – Zeichnung. Nelli Smirnjagina – Verdiente Künstlerin Russlands.
8 Abgebildet in: Gerhardt, Weber, Schepelmann: Immanuel Kant (wie Anm. 4), S. 257 und 261.
9 Cheetham (wie Anm. 9).
10 Ränsch-Trill (wie Anm. 3).
11 Joachim Pissarro: Greenberg, Kant, and Modernism? In: History of Art, Vol. XXIX No.1, pp 42-48, Fall 2009; http://joachimpissarro.com/cat/writing/greenberg-kant-and-modernism/ (17.12.2017); das bekannte Zitat lautet: “I identify Modernism with the intensification, almost the exacerbation, of this self-critical tendency that began with the philosopher Kant. Because he was the first to criticize the means itself of criticism, I conceive of Kant as the first real Modernist”.
12 Z.B. Diarmund Costello: Danto and Kant. Together at last? In: K. Stock, K. Thomson-Jones (eds): New Waves in Aesthetics. New Waves in Philosophy. London 2008; https://warwick.ac.uk/fac/soc/philosophy/people/costello/9780230_220478_14_cha13.pdf (17.12.2017); Diarmund Costello: Greenberg’s Kant and the Fate of Aesthetics in Contemporary Art Theory. In: The Journal of Aesthetics and Art Criticism, Bd. 65,2 (Spring 2007), S. 217-228; https://warwick.ac.uk/fac/soc/philosophy/people/costello/costello_jaac_652_greenbergs_kant.pdf (17.12.2017); Robert Clewis: Greenberg, Kant, and Aesthetic Judgments of Modernist Art. In: Canadian Aesthetics Journal 14 (Fall 2008); https://www.uqtr.ca/AE/Vol_14/modernism/pdf/14_07_Clewis_Greenberg_%20Kant_Aesthetic_Judgment.pdf (17.12.2017)
13 Vgl. Newton P. Stallknecht: From Kant to Picasso. A note on the Appreciation of Modern Art. In: Eighteenth-Century Studies, Vol. 2, No. 1, Special Issue: Literary and Artistic Change in the Eighteenth Century (Autumn, 1968), pp. 26-34; https://www.jstor.org/stable/2737651?seq=1#page_scan_tab_contents (17.12.2017).
14 Gile Deleuze, Felix Guattari: „Immanuel Kant“, 1994; Anselm Kiefer: „Wege der Weltweisheit - Die Hermannschlacht“, 1980; vgl. Cheetham (wie Anm. 9), S. 171 und 172.
15 Gerhardt, Weber, Schepelmann: Immanuel Kant (wie Anm. 4).
16 Immanuel Kant: Critik der Urtheilskraft. Berlin, Liebau 1790, § 44: „Von der schönen Kunst“; digitale Ausgabe der „Critik der Urtheilskraft“; http://www.kant.bbaw.de (18.12.2017).
17 Im Verbundkatalog der deutschen außeruniversitären kunsthistorischen Forschungsinstitute, des Kunsthistorischen Instituts Florenz, des Zentralinstituts für Kunstgeschichte München, des Deutschen Forums für Kunstgeschichte Paris und der Bibliotheka Hertziana Rom KUBIKAT sind zum Schlagwort „Kant“ ca. 800 Literaturangaben ausgewiesen; http://aleph.mpg.de/F?func=file&file_name=find-b&local_base=kub01 (15.12.2017).
18 Barbara Ränsch-Trill: Caspar David Friedrich’s Landschaftsbilder auf dem Hintergrund der ästhetischen Theorie Kants. In: Winfried Schmidt (Hg.): Kunst- und Kunsterziehung. Beiträge zur Kunsterziehung, Kunstgeschichte und Ästhetik. Festschrift für Ernst Straßner. Göttingen 1975, S. 119-133, hier S. 121.
19 Violetta L. Waibel: Kant und das Schöne – in der Kunst. In: Volker Gerhardt, Matthias Weber, Maja Schepelmann (Hg.): Immanuel Kant 1724-2024. Ein europäischer Denker (Schriften des Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa 83). Berlin, Boston 2022, S. 157-166, hier S. 157.
20 Gerhard Plumpe: Ästhetische Kommunikation der Moderne. Bd. 1: Von Kant bis Hegel. Opladen 1993, S. 47f.
21 Wolfgang Welsch: Philosophy and Art – a Ambiguous Relationship. In: ders.: Aesthetics and Beyond. Changohun 2007; deutsch: Philosophie und Kunst – Eine wechselhafte Beziehung; http://www2.uni-jena.de/welsch/papers/W_Welsch_Philosophie_und_Kunst.pdf (18.12.2017).
22 Vgl. Christel Fricke, Lemma „Kunst“ und Birgit Recki, Lemma „Schönheit“. In: Marcus Willascheck, Jürgen Stolzenberg, Georg Mohr, Stefano Bacin (Hg.): Kant-Lexikon. Bd. 2, Berlin, Boston 2015, S. 1354-1358 und Bd. 3, Berlin, Boston, S. 2031-2035.
23 Im Wesentlichen sind dies: Die Zeichnung der Gräfin Karolina Amalie von Keyserling (1755); das Ölgemälde von I. B. Becker (1765); die (verlorene) Miniatur von Michael Lowe (1784); die Zeichnungen von Friedrich Wilhelm Sennewaldt (1786); die Zeichnung von Veit Hans Schnorr von Carolsfeld (1789); die Zeichnung von Elisabeth von Staegmann (1790); das Gemälde von Gottlieb Doebler (1791); die Miniaturen von Charles Vernet (1792); die Miniatur des Malers Friedrich Wilhelm Springer (1795). Die früheste plastische Darstellung Kants ist ein kleines Relief, geschaffen 1782 von dem Königsberger Paul Heinrich Collin. Zu Lebzeiten Kants entstanden sind auch die drei Büsten von Joseph Mattersberger (1795), Emanuel Bardou (1798) und die bekannteste von dem Berliner Bildhauer Friedrich Hagemann (1801).
24 Vgl. Volkmar Essers: Kant-Bildnisse. In: Immanuel Kant. Leben – Umwelt – Werk. Ausstellung des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz aus Beständen der Stiftung preußischer Kulturbesitz, der Bayerischen Staatsbibliothek, München, des Hauses Königsberg in Duisburg und anderer Leihgeber zur 250. Wiederkehr von Kants Geburtstag am 22. April 1974. Zusammenstellung und Katalog: Friedrich Benninghoven. (Berlin) 1974, S. 39-63.
25 Heinrich Lange: Die Porträts Immanuel Kants von und nach dem Berliner Maler Gottlieb Döbler. In: Kant Studien 100, Heft 4 (2009), S. 476-495; hier ist auch auf die Literaturdatenbank der Kant-Forschungsstelle an der Universität Mainz zu verweisen.
26 Cheetham (wie Anm. 9), S. 140-175: „Kant’s Skull. Portraits and the Image of Philosophy, c. 1790-1990.“
27 Cheetham (wie Anm. 9), S. 157.
28 Grimoni, Lorenz, Martina Will (Hg.): Immanuel Kant. Erkenntnis, Freiheit, Frieden. Katalog zur Ausstellung anlässlich des 200. Todestages am 12. Februar 2004. Museum Stadt Königsberg, der Stadtgemeinschaft Königsberg (Pr.) im Kultur- und Stadthistorischen Museum Duisburg. Husum 2004.
29 Datenbank der Kant-Forschungsstelle an der Universität Mainz unter: http://www.kant.uni-mainz.de/; die Bilddatenbank zu Kant von Andreas Vieth wurde durch das Museum Stadt Königsberg in Duisburg zur Verfügung gestellt. Die Sammlung ist heute im Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg; https://www.philosovieth.de/kant/bildmaterial/; vgl. ferner: http://daniel-von-der-helm.com/kant/kant-bilder.html.
30 „Kant in the Classroom“; http://users.manchester.edu/FacStaff/SSNaragon/Kant/Helps/Life/K-IconFrames.html (17.12.2017), hier: “Kants Body in Pictures”.
31 Grimoni (wie Anm. 23), S. 179, 212-217, Werke von Heinz Sprenger (1947), Diether Ritzert (1967), Horst Janssen (1983), Robert Budzinski, Ludmilla Tambowzewa, W. Trugor (1992), Nelli Smirnjagina (1992).
32 S. Anm. 7 und Anm. 10.
33 Matthias Weber: Immanuel Kant in Werken der modernen Kunst. Anselm Kiefer und der „gestirnte Himmel“. In: Gerhardt, Weber, Schepelmann: Immanuel Kant (wie Anm. 4), S. 275-284.
Die mit * gekennzeichneten Werke sind abgebildet in: Volker Gerhardt, Matthias Weber, Maja Schepelmann (Hg.): Immanuel Kant 1724-2024. Ein europäischer Denker (Schriften des BKGE Band 83). Berlin, Boston 2022
Künstler
Joseph Beuys (1921-1986). Mit seinen sozialpolitischen, antibürgerlichen oft provozierenden Arbeiten war Beuys, der zu den einflussreichsten deutschen Künstlern der Nachkriegszeit gehört, ein unbequemer Vertreter der sog. „Aktionskunst" der 1970er Jahre. Durch seine Theorie der ‚Sozialen Plastik' versuchte Beuys die Kunst in das Alltagsleben zu integrieren. Sein oft zitierter Ausspruch „Jeder Mensch ein Künstler" ist als Aufruf zu verstehen, dass jeder schöpferisch tätig werden soll, um die Gesellschaft zu verändern. Beuys hatte von 1961 bis 1972 eine Professur für Bildhauerei an der Kunstakademie Düsseldorf inne; seine Arbeiten wurden international ausgestellt und sind in Museen weltweit vertreten.
Werk
„Ich kenne kein Weekend"; das Auflagenobjekt (engl. „Multiple"; auch: „Ready Made") ist 1971–1972 entstanden; Auflage: 95 Exemplare, Format: 53 x 66 x 11 cm. Es besteht aus einer Reclam-Ausgabe der „Kritik der reinen Vernunft" von Immanuel Kant, die zusammen mit einer Maggiflasche in den Deckel eines Aktenkoffers montiert wurde. Die Reclam-Ausgabe ist rot bestempelt mit den Worten „B E U Y S: ich kenne kein Weekend". Weitere der sog. „Fluxus-Bewegung" der 1960er Jahre nahestehende Künstler haben graphische Arbeiten beigetragen:
Klaus Peter Brehmer (5 Klischeedrucke: „TV-Braunfarben, Testbild 1-5"),
Karl-Horst Hödicke (4 Siebdrucke: „Original+Fälschung"; „Jungsozialistin im Wald"; „Wo ist der Maler"; „Wo ist der Elefant"),
Peter Hutchinson (Offsetlitho: „Chess Documentation Nr. 10"),
Arthur Köpcke (2 Siebdrucke: „Glashaus von innen"; „Glashaus von außen"),
Sigmar Polke (3 Offsetlithos: „Weekend"), Wolf Vostell (3 Siebdrucke: „Neujahrsansprache I"; „Neujahrsansprache II"; „TV-Ochsen II").
Der ‚Weekend-Koffer' mit den graphischen Arbeiten wurde von dem Berliner Galeristen Renè Block 1972 als Auflagenobjekt herausgebracht. Da Beuys der bekannteste war, wird sein Objekt "ich kenne kein Weekend" fast immer allein erwähnt, während die Arbeiten der anderen Künstler kaum in Erscheinung treten. (vgl. Art/FN über Ausstellung in Galerie Lutze, Friedrichshafen, 2011 ˂http://www.artfn.de/?p=233˃
Interpretationshinweise: Da es vom Künstler selbst keine Erklärungen zu diesem Werk gibt, wird dessen Aussage unterschiedlich gedeutet:
- „Die Kombination aus Maggiflasche und Buch versteht sich als humorvolle Hommage an Immanuel Kant als dem Hauptprotagonisten der deutschen Aufklärung, dem sich Beuys geistig verbunden fühlte".
˂https://www.nbk.org/editionen/...˃
- „Der unermüdliche Redner, Aktions- und Ausstellungskünstler Beuys kannte jedoch bekanntlich kein Weekend. Entsprechend klingt der Titel des in den Kofferdeckel eingepassten Objekts – ich kenne kein Weekend – gerade für heutige Ohren wie der Ausspruch eines vielbeschäftigten und stressgeplagten modernen Managers. In der skurrilen Kombination aus Maggi-Flasche und Immanuel Kants Reclam-Ausgabe „Kritik der reinen Vernunft" spricht Beuys von sich selbst und seiner Mission; insbesondere von seiner Geistesverwandtschaft mit dem großen deutschen Aufklärer Kant. Denn gerade Immanuel Kant war es, der die vernunftorientierte Erklärung der Welt wieder mit der Metaphysik, mit Begriffen wie Gott, Seele und Unsterblichkeit versöhnte. Was der Philosophie eines seiner großen Vordenker offenbar noch fehlte, packte Beuys in Form der Maggiwürze in ein hintersinnig-humorvolles Wortspiel: ein Schuss „Mag[g]ie"; vgl. Rita E. Täuber: „Ich kenne kein Weekend, 1971/72". In: Marc Gundel (Hg.): Beuys für Alle! Heilbronn 2010, S. 96; ˂https://www.korff-stiftung.de/...˃
- René Block (s.o.) wählte den Titel „Ich kenne kein Weekend" als Motto eines Youtube-Videoclips (https://m.youtube.com/watch?v=...), in dem er abschließend zusammenfasste: „Als kreative Menschen brauchen wir kein Wochenende. Man kann ja nicht Kreativität am Freitag abstellen; und am Montag früh fange ich wieder mit irgendetwas an. Das ist ja ein durchlaufender Prozess". Durch die Auswahl und gleichrangige Anordnung der beiden in etwa gleich großen Alltags-Objekte (Maggiflasche und Reclam-Ausgabe der „Kritik der reinen Vernunft") in einem Alltags-Gegenstand (Aktenkoffer) sowie durch ihren Farbzusammenhang rot-gelb erzeugt Beuys eine Wechselbeziehung zwischen den Gegenständen. Möglicherweise deutet Beuys damit an, dass die Vernunft im Sinne Kants – eingebettet in den kreativen künstlerischen Prozess – so alltäglich und selbstverständlich werden sollte, wie das Maggigewürz bzw. der Aktenkoffer. (Matthias Weber)
Literatur
- Bundeskunsthalle (Hg.): Nur Hier. Sammlung zeitgenössischer Kunst der Bundesrepublik Deutschland. Ankäufe 2007 bis 2011. Ausstellung 18.01. – 14.04.2013. Bonn 2013, S. 62 (Abbildungen und Beschreibung)
- Kristina Engelhard: Kant in der Gegenwartsästhetik. In: Dietmar H. Heidemann, Kristina Engelhard (Hg.): Systematische Bedeutung und Rezeption seiner Philosophie in der Gegenwart. Berlin, New York 2004, S. 352-382, hier S. 376-278 über „Ready Made".
- Rita E. Täuber: „Ich kenne kein Weekend, 1971/72". In: Marc Gundel (Hg.): Beuys für Alle! Heilbronn 2010, S. 96.
Copyright/ Aufbewahrungsort
Die Arbeit ist Eigentum der Sammlung zeitgenössischer Kunst der Bundesrepublik Deutschland. Für die Bildrechte: ©VG Bild-Kunst, Bonn 2019
Publiziert im Februar 2019
Zitierweise
Matthias Weber: Immanuel Kant in Werken der modernen Kunst – Joseph Beuys; https://www.bkge.de/Projekte/K...
Künstler
Bernhard Johannes Blume (1937-2011); Neo-Dadaist, Zeichner, Fotograf, Maler und Aktionskünstler.
Werk
„Kant zuliebe – Die reine Vernunft ist als reine Vernunft ungeniessbar“ (1981), vier Photographien und ein Textblatt auf Fotopapier, jeweils 76 x 50 cm, signiert und datiert auf dem Textblatt verso rechts unten.
Blume setzte sich in verschiedenen Fotosequenzen, aber auch in Essay- und Buchform intensiv mit der Philosophie Kants und Möglichkeiten ihrer Visualisierung auseinander. In der hier abgebildeten Fotosequenz schreibt Blume dem abstrakten Terminus „reine Vernunft“ visuelle Merkmale zu und versucht diese über einen entsprechenden Gegenstand zu veranschaulichen: „Ich zeige hier im Foto ein Gebilde vor mit rationalen Kanten. Es wirkt aus dieser Nahsicht leicht verschwommen. In seiner idealen weißen Sauberkeit steht es für Ordnung und für Reinlichkeit, fürs Technoide-Rationelle, weshalb es also eckig und nicht rund ist.“ Die beiden Quader vor dem Gesicht seien „idioplastische Portionen“. Damit soll in exemplarischer Objektform ein subjektiver Zustand der Gesellschaft angedeutet werden: „Vor Erkenntnis ist sie blind und krank vor Objektivität“. Erst der im Weiteren thematisierte „Verzehr“ bedeute Erkenntnis und selbst wenn die „eckige Rotation nicht unbedingt „in jedes individuelle Maul“ passe, bleibe das Ideal für den einzelnen letztlich unerreichbar und „womöglich unverdaulich".[1]
Die Kunsthistorikerin Jari Ortwig betont, dass Blume hier seine Auseinandersetzung mit Kants Kritik der reinen Vernunft„anschaulich formuliert“ hat: „Leitmotiv ist ein undefinierbarer weißer Gegenstand in Form eines Quaders, mit dem Blume selbst allerlei Aktionen anstellt. Zunächst hält er das Gebilde, dessen rechteckige Form dem Blattformat entspricht, der Kamera so entgegen, daß sein Gesicht von der in Nahaufnahme vergrößerten Hand verdeckt wird. Seine Person verschwindet so in der Anonymität. Blume schlüpft in die Rolle des Kleinbürgers (kleinkariertes Hemd, Tapete), um die Begegnung zwischen „reiner Vernunft“ und „alltäglicher Erfahrungswelt“ zu inszenieren. Nachdem er dem Betrachter den Gegenstand im ersten Blatt präsentiert hat, nimmt er das „komische Ding“ selbst unter die Lupe. Zwei verschieden große weiße Quader verdecken, in der Luft schwebend, jeweils ein Auge des Künstlers. Unmittelbar vor seinem zu einer Grimasse verzogenen Gesicht scheinen diese Gegenstände ihn zu irritieren. In der dritten Aufnahme versucht er, diesmal mit unverdecktem, aber dafür verschwommenem Gesicht und geschlossenen Augen, sich das eckige Gebilde in den Mund zu stecken. Beinahe gelingt es ihm, doch die Form ist zu kantig und offenbar ungenießbar. Wie ein Hund mit seinem Knochen im Maul schüttelt sich Blume, dessen Gesicht auf der vierten Photographie durch die heftige Bewegung verwischt ist. Vermutlich versucht er, das ungenießbare Etwas wieder loszuwerden. Der Schriftzug am Ende der Sequenz ist wie eine Erkenntnis hervorgehoben: Die reine Vernunft ist als reine Vernunft ungenießbar. Doch Abstraktes und Konkretes lassen sich nun einmal nicht vereinen, genauso wenig wie die reine Vernunft und die menschlichen Sinne. Mit seiner photographisch beglaubigten fünfteiligen Versuchsanordnung beweist Blume, in einer künstlerischen Abwandlung von Kants Form der „Kritik“, die Unvereinbarkeit der Sinne („Genießen“) mit der „reinen Vernunft“. Gegen die Verdrängung der gefühlten Welt im Namen ihrer rein rationalen Erfassung zielt Blume, ausgehend von Kant, auch heute auf ein Gleichgewicht von empirischem Verstand und Intuition, aus dem die Vernunft hervorgehen soll.
Literatur
- Anna und Bernhard Blume: Transsubstanz und Küchenkoller. O.O., 1986.
- Anna und Bernhard Blume (Hg.): Reine Vernunft. Köln 2008; dieser Band enthält zahlreiche weitere Arbeiten, die sich mit Themen der Philosophie Kants auseinandersetzen; Stichworte: das Schöne, Wohlgefallen, S. 49: „Die beharrliche Sinnsuche ist eine bedauerliche Disposition des Geistes“; S. 55: „Wir sind auf der Suche nach dem Ding an sich“; S. 68: „In der Bewunderung der Erhabenheit der Natur bewundern wir lediglich unseren eigenen intelligiblen Charakter“.
- Bernhard Johannes Blume: Hellsehen als Schwarzsehen. Quasiautobiographische Bemerkungen zu einigen Fotosequenzen (1971-1984). Augsburg 1986; darin über die Sequenz „Kant zuliebe“.
- Jari Ortwig: Werke in der Städtischen Sammlung Erlangen: Kant zuliebe, 1978/1981 <http://www.kunstpalais.de/de/47/Bernhard-Johannes-Blume.html?aid=49>
Anmerkung
[1] Die Zitate aus Blume: Hellsehen als Schwarzsehen (1986), S.7.
Copyright / Aufbewahrungsort
© Städtische Sammlung Erlangen, Inventar-Nummer: 1001548.1–4; die weitere Verbreitung dieser Abbildung ist ohne ausdrückliche Zustimmung des Rechteinhabers untersagt.
Publiziert im September 2018
Zitierweise
Matthias Weber: Immanuel Kant in Werken der modernen Kunst – Bernhard Blume; https://www.bkge.de/Projekte/K...
Künstler
Renée Jorgensen Bolinger studierte Kunst und Philosophie an der Biola University (La Mirada, Kalifornien). Als Philosophin (University Center for Human Values, Princeton University) sind ihre wissenschaftlichen Arbeitsschwerpunkte Sozial- und Politikphilosophie, Sprach- und Rechtsphilosophie sowie Ethik und Erkenntnistheorie.
Werk
"Kant with a book. In style of Pablo Picasso", 2013, Öl auf Leinwand, 35,5 x 28 cm.
Interpretationshinweise: Das Werk ist Teil einer Reihe von Porträts einflussreicher Philosophen (u. a. Aristoteles, Bentham, Carnap, Frege, Hume, Kierkegaard, Leibniz, Nietzsche, Plato, Russell, Wittgenstein), die Bolinger jeweils im Stil eines bekannten Künstlers oder einer bestimmten Kunstrichtung gemalt hat. Dabei wird die stilistische Paarung der oder des Porträtierten mit dem Künstler bzw. Kunststil von der Kompatibilität der philosophischen und der künstlerischen Aussagen abgeleitet.
Angesprochen auf das Verhältnis ihrer Malerei zur Philosophie führte Bolinger aus: "I do work in analytic philosophy ... but it's only half true that philosophy and painting engage opposite sides of the mind. The sort of realist drawing and painting that I do is all about analyzing the relationships between the lines, shapes and color tones, and so still very left-brain. Nevertheless, it engages the mind in a different way than do the syllogisms of analytic philosophy. I find that the two types of mental exertion complement each other well, each serving as a productive break from the other." (M. Springer)
Es ist kein Zufall, dass Bolinger das Kant-Porträt gerade im kubistischen Stil Picassos realisiert hat. Sie selbst begründet dies: "... since both focused a great deal of their work on the obstacles to direct perception of the external world" (https://www.reneebolinger.com/...). Damit ist der vielfach diskutierte Einfluss der Erkenntnisphilosophie Kants auf den Stil des Kubismus angesprochen.
Mit dem hier thematisierten Zusammenhang zwischen Philosophie und Kunst befasste sich u. a. der Philosoph, Anthropologe und Soziologe Arnold Gehlen, 1938-1940 Professor in Königsberg, der eingehend die „Immanenz Kantischer Philosophie im Kubismus" herausstellte. Dabei bezog sich Gehlen insbesondere auf die Schriften des Kunsthistorikers und Galeristen Daniel-Henry Kahnweiler (1884-1979; „Vom Wesen der Bildhauerei", 1915; „Der Weg zum Kubismus", 1920) und betonte, dieser habe eine „neu-kantische Interpretation des Kubismus" gegeben, der bei weitem mehr bedeutet, als eine an den fertigen Kubismus hinterher herangetragene Auslegung. Tatsächlich war der „Neukantianer Kahnweiler" nicht nur kunsttheoretischer Wegbereiter, sondern aktiver Unterstützer des Kubismus, der mit Picasso über Jahre zusammengearbeitet hatte.
Mit dem Zusammenhang zwischen der kubistisch-verfremdeten Darstellung der Erfahrungswelt durch Pablo Picasso (und Georges Braque) und der Erkenntnisphilosophie Kants befassen sich auch aktuelle Beiträge, die sich zwar mit Kahnweilers Deutungen kritisch auseinandersetzen, aber dennoch auf eine „kantische Lesart" des Kubismus verweisen.
Literatur
- Homepage der Künstlerin: https://www.reneebolinger.com/...
- Dan O'Brien: Cubism - Art and Philosophy. In: ESPES Vol. 7, 1 (2018), S. 30-37; https://espes.ff.unipo.sk/inde...
- Marc A. Cheetham: Kant and Cubism revisited. In: Word & Image 17(3): July 2001, S. 293-298; DOI: 10.1080/02666286.2001.10435720
- Arnold Gehlen: Zeit-Bilder und weitere kunstsoziologische Schriften. Arnold Gehlen Gesamtausgabe, Bd. 9, hgg. von Karl-Siegbert Rehberg, Matthes Blank, Hans Schilling. Frankfurt am Main 2016, hier S. 118f., S. 530-535.
- Mike Springer: Philosopher Portraits: Famous philosophers painted in the style of influential artists, 2013; http://www.openculture.com/201...
Copyright/ Aufbewahrungsort
© Renée Jorgensen Bolinger. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Das Original befindet sich in Privatbesitz. Die weitere Verbreitung dieser Abbildung ist ohne ausdrückliche Zustimmung der Rechteinhaber untersagt.
Zitierweise
Matthias Weber: Immanuel Kant in Werken der modernen Kunst – Renée J. Bolinger; https://www.bkge.de/Projekte/K...
Künstler
Der italienische Maler Walter Bortolossi (*1961) verbindet in seinen Werken Elemente der klassischen Malerei mit der Pop-Art. Insbesondere durch die in seinen Gemälden oft präsente Koexistenz von Hoch- und Popularkultur baut er eine Spannung zwischen Vergangenem und Aktuellem auf, die typisch für seine Arbeit ist.
Werk
"Mark Zuckerberg meets Immanuel Kant" (2011), Öl auf Leinwand, 120 x 150cm.
Interpretationshinweise: Bortolossi erzeugt die Spannung zwischen Geschichte und Gegenwart auch dadurch, dass historische Themen in heutige Kontexte gebracht werden, so dass in den Gemälden Vergangenes und Aktuelles verschwimmen. Zahlreiche seiner Bilder sind philosophischen Themen gewidmet. Bortolossis Interesse ist dabei die Betonung der figurativen Dimension des Malens als eine Repräsentation von Realität. So auch in diesem Gemälde, in dem Immanuel Kant, der Philosoph der universellen Vernunft, im Gespräch mit Mark Zuckerberg, dem Gründer der virtuellen Gemeinschaft Facebook, symbolisch dargestellt wird. Das Gemälde basiert – ähnlich wie weitere Werke des Künstlers – auch auf der Gegensätzlichkeit und dem Wettbewerb der Charaktere, die in diesem Beispiel Theorien verschiedener Zeiten und Welten verkörpern.
Bortolossi erläutert:
"Generally this type of subject alludes to the competition between different ideas while in this case the painting ironically compares the guarantor of thought [=Kant] intersubjective with one of the founders of social networks [=Zuckerberg]: the background alludes to the breaking down of common values. There are references to social welfare, the crises in the Middle East and the economic values of commodities"
Following my Post Pop path, I have populated my works with important thinkers and people linked to the real world economy, juxtaposing them with celebrities from the entertainment world. The thinker, the philosopher, who is sometimes depicted at the centre of the scene or alternatively on its fringes, occurs frequently and is a particularly important figure, representing independent thought and action and providing an antidote to a cynical yet complacent acceptance of reality".
(Freundliche Mitteilungen des Künstlers vom November 2018).
Die Konfrontation der Personen Kant und Zuckerberg findet also auf einer konkreten Interpretationsebene und zugleich eingebettet in eine verzerrte und fragmentierte Umgebung statt. Kant steht für die Initiierung der Aufklärung, Zuckerberg für die Gründung von Facebook und für die heutige Social Media Kultur allgemein. In der Anordnung und der Anzahl der Figuren erkennt man unschwer eine Anspielung auf das Abendmalgemälde von Leonardo da Vinci. Die Szene ist also in einem heilsgeschichtlichen Kontext arrangiert. Somit scheinen im Hintergrund Fragen zu stehen wie: Bedeuten die "Social Media" eine zweite Aufklärung? Eine Heilsbotschaft, wie die von Jesus? Wie wird sich die Menschheit entwickeln? Die Antwort ist dynamisch, ungewiss, gesellschaftlich im Fluss, wie die ganze Umgebung, in welche die Figuren eingebettet sind.
Literatur
Walter Bortolossi: ... fino ai Quattro Continenti. Testi di Maria Campitelli e Luca Quarin. Trieste 2016; hier Abbildung des Gemäldes.
Walter Bortolossi: All that Happened had to Happen. Text by Darius A. Spieth. Lousiana State University Press 2011
Homepage des Künstlers: https://www.walterbortolossi.com
Copyright/ Aufbewahrungsort
© Walter Bortolossi. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Das Original befindet sich im Privatbesitz.
Zitierweise
Matthias Weber: Immanuel Kant in Werken der modernen Kunst – Walter Bortolossi; https://www.bkge.de/Projekte/K...
(in Bearbeitung)
(in Bearbeitung)
Künstler
Der us-amerikanische Maler Jacob Collins (New York *1964) ist ein Vertreter des „klassischen Realismus“. Sein Werk umfasst u.a. Porträts, Landschaften und Stillleben. Im Rückgriff auf Maltechniken und Motive insbesondere des 19. Jahrhunderts und aufgrund seiner präzisen und detaillierten Malweise in fotografischer Exaktheit bildet sein Werk ein Art Gegenstück zur abstrakten Malerei.
Werk
„Still Life with Kant and Descartes“ (1998), Öl auf Leinwand, Größe: 56 x 71 cm.
Collins‘ Stillleben orientieren sich an klassischen Themen und Motiven. Die dargestellten u.a. aus Musikinstrumenten, Malutensilien, Büchern oder Noten komponierten Szenen sind dem 19. und der ersten Hälfte 20. Jahrhunderts zuzuordnen. Dargestellt sind Bleistift, verschiedene Alltagspapiere, Notizzettel und Bücher, Porträts von Rene Descartes (nach dem bekannten Porträt des niederländischen Malers Frans Hals, 1648) und von Immanuel Kant (nach der Miniatur von Veit Hans Schnorr, 1789, bzw. einem der auf ihn zurückgehenden Stiche oder Zeichnungen). Die auf dem geöffneten Buch liegende Brille ist aufgrund anderer Bildquellen als persönliches Eigentum des Malers identifizierbar. Dadurch, sowie durch die dargestellte Situation, die an einen Blick in das Collin’s Atelier erinnert, nimmt das Werk Still Life with Kant and Descartes persönlichen Bezug auf den Maler. Der Bezug auf die Philosophen René Descartes, den ‚Vater der neueren Philosophie‘, und den zentralen Vertreter der Aufklärung Immanuel Kant weisen auf die Bedeutung der philosophischen Erkenntnis für die Malerei hin.
Literatur
- Hanneke Grootenboer: The Thought of Painting. Still Life as a Philosophical Genre. In: Bettina Gockel: (Hg.): Vom Objekt zum Bild. Piktorale Prozesse in Kunst und Wissenschaft, 1600–2000. Unter Mitarbeit von Julia Häcki und Miriam Volmert (Zurich Studies in the History of Art, Special Issue), Berlin, 2011, S. 43-64.
Copyright/ Aufbewahrungsort
© Adelson Galleries, New York; die weitere Verbreitung dieser Abbildung ist ohne ausdrückliche Zustimmung des Rechteinhabers untersagt.
Publiziert im September 2018
Zitierweise
Matthias Weber: Immanuel Kant in Werken der modernen Kunst – Jacob Collins; https://www.bkge.de/Projekte/K...
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Künstler
Paul Harvey PhD (*1960, Burton-upon-Trent, Staffordshire), Punk-Musiker, Gitarrist und Maler, Hochschullehrer im Bereich „Art and Design"; Harvey schloss sich 2001 der Stuckistenbewegung an und gründete das „Newcastle Stuckist movement", in dem er sich mit eigenen Werken und Ausstellungen präsentierte und engagierte.
Werk
„Immanuel Kant with flowers and painting" (2002)
Material: Acryl auf Leinwand
Maße: 92 x 71 cm.
Interpretationshinweise: Das Porträt ist eine Variation des bekannten, ca. 1768 entstandenen Ölgemäldes, das entweder von Johann Gottlieb Becker oder von Heinrich Becker geschaffen wurde und im Besitz Kants gewesen war. Harvey ist der „Stuckismus-Bewegung" zuzuordnen. Dies ist eine 1999 von den britischen Künstlern Billy Childish and Charles Thomson gebildete internationale Kunstbewegung. In Abgrenzung von den „Young British Artists" lehnten die Stuckisten die Konzeptkunst mit ihren Tendenzen in der abstrakten Malerei und in weiteren Kunstrichtungen wie Objektkunst oder Happening, zugunsten der figurativen Malerei ab, was den Vorwurf des ‚Steckenbleibens' („stuck") einbrachte.
Anlässlich des Projekts „Kant in Werken der modernen Kunst" erläuterte Paul Harvey die Entstehung seines Werkes „Immanuel Kant with flowers and painting" wie folgt:
"Immanuel Kant with Flowers" was conceived and painted in 2004 as part of my M.A. in Fine Art Practice at the University of Northumbria in Newcastle upon Tyne, England. It subsequently became a part of my PhD. in Arts & Social Sciences which was completed in 2012, also at the University of Northumbria ˂http://nrl.northumbria.ac.uk/8...˃ At the time I was interested in notions of beauty and how they relate to sentimentality (a dirty word in the arts!). I purposely wanted some of my work to be sentimental, so I started looking at Kant to see if there was any discussion within his writings on beauty. I found his work very difficult to understand, although I think a got the main thrust of his arguments.
The elements of my research I found the most fascinating however were about him as a person: how he lived and how he worked for example, as these areas were more related to my practice as a painter than academic discussion. For instance, I remember reading that he thought of painting as a bit of a waste of time. He also lived in a very bare house with the minimum of furnishings so as not to be distracted from his writings. The idea subsequently came to me that instead of using him in my academic research, I should place him in my practical work as he seemed an interesting subject. I ended up placing him in an unfamiliar situation, that of being surrounded by flowers (beauty) and holding an object of his distaste (a painting). It was an attempt to cheer him up a bit.
His work has stayed with me, and I now attempt to teach some of Kant's work to my own students. Interestingly, last year one of my students, having researched him, remarked that if he was alive today he may well be diagnosed with Aspergers or a similar condition. For some reason this was a very interesting idea to me although I'm not sure I know why. Dr. Paul Harvey, 22nd October 2018
Literatur und Quellen
- "Stuckism international": https://www.stuckism.com/index...
- Zu Paul Harvey: https://www.stuckism.com/Harve...
- Homepage Paul Harvey: http://www.paulharveypaintings...
Copyright
© Paul Harvey, 2002. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Das Original befindet sich im Privatbesitz.
Publiziert im November 2018
Zitierweise
Matthias Weber: Immanuel Kant in Werken der modernen Kunst – Paul Harvey; https://www.bkge.de/Projekte/K...
(in Bearbeitung)
Künstler
Der österreichische Künstler Werner Horvath (Linz *1949) entwickelte sich, ausgehend von der Komposition surrealer Traumwelten im Stil des Phantastischen Realismus, in mehreren Etappen zum Maler von konstruktivistisch-zeitkritischen Porträtdarstellungen mit teils politischem, oft provokantem Inhalt.
Werk
Garten des Friedens - Hannah Arendt, Mahatma Gandhi, Bertha von Suttner, Immanuel Kant (2002);
Material: Öl auf Leinwand,
Maße: 60 x 80 cm.
Interpretationshinweise: Das Bild entstand zusammen mit stilistisch ähnlichen Porträts im Zuge der illustratorischen Gestaltung des Buches „Große Denker" von Patrick Horvath (2003), das namhafte Philosophen und philosophische Theorien in verständlicher Form zu erklären versucht. Zu erkennen sind die Gesichter von Hannah Arendt (links), Mahatma Gandhi (Mitte), Bertha von Suttner (rechts) und Immanuel Kant (klein) in Gestalt einer Blume. Arendt (*Hannover 1906) wuchs in Kants Heimatstadt Königsberg auf und wurde von dessen Werk stark beeinflusst. Das gemeinsame Streben der vier Abgebildeten nach Frieden wird durch das moderne Friedenssymbol (Mitte) gewürdigt. Der Fötus vor der Weltkugel weist auf Hannah Arendt und ihr Konzept der "Natalität" hin.
Literatur
- Patrick Horvath (Hg.): Große Denker. Amstetten, Linz. 2003.
- Hannah Arendt, Mahatma Gandhi, Bertha von Suttner, Immanuel Kant – Denker des Friedens, ˂http://horvath.members.1012.at...˃
- Homepage des Künstlers: ˂http://horvath.members.1012.at...˃
Copyright/ Aufbewahrungsort
© Werner Horvath, Linz 2002. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Das Original befindet sich in Privatbesitz.
Publiziert im November 2018
Zitierweise
Matthias Weber: Immanuel Kant in Werken der modernen Kunst – Werner Horvath;
(in Bearbeitung)
(in Bearbeitung)
„Thinking About Immanuel Kant on 26.02.2022". Die ukrainische Künstlerin Alevtina Kakhidze schuf diese Zeichnung am 26. Februar 2022 während sich russische Panzer ihrem unweit von Kiew gelegenen Studio näherten, die schließlich von der ukrainischen Armee wenige Kilometer entfernt aufgehalten werden konnten. Kakhidze ist heute noch immer in der Ukraine und stellt die Frage, ob der von Kant beschriebene Friede jemals erreichbar sein wird. © Alevtina Kakhidze
Künstlerin
Alevtina Kakhidze, *1973 Zhdanivka, Gebiet Donezk (Ukraine), Studium an der Akademie der Künste Kiew und der Kunstakademie Maastricht, Ausstellungen europaweit; arbeitet in Muzychi bei Kyjiw (Residency-Programm „The Muzychi Expanded History project“). Als kritische Beobachterin der gesellschaftspolitischen Veränderungen thematisiert sie in ihren Zeichnungen, Karikaturen, Videos und Performances u.a. die postsowjetische Realität der Ukraine, insbesondere die Maidan-Ereignisse 2013/14, an denen sie sich beteiligte.
Werk
„Thinking About Immanuel Kant on 26.02.2022", Zeichnung Tusche auf Papier, 94 x 250 cm.
Das Bild stammt aus dem gezeichneten Tagebuch von Alevtina Kakhidze. Sie schuf diese Zeichnung am 26. Februar 2022 während sich russische Panzer ihrem unweit von Kiew gelegenen Studio näherten, die schließlich von der ukrainischen Armee wenige Kilometer entfernt aufgehalten werden konnten. Kakhidze ist heute noch immer in der Ukraine und stellt die Frage, ob der von Kant beschriebene Friede jemals erreichbar sein wird.
Literatur
Alevtina Kakhidze, Interview mit Philipp Hindahl: „Wir reden über Philosophie, obwohl ich den Beschuss höre“, https://www.philomag.de/artikel/alevtina-kakhidze-wir-reden-ueber-philosophie-obwohl-ich-den-beschuss-hoere (März 2022)
Alevtina Kakhidze, Interview mit Catrin Lorch: „Den Gedanken zu fliehen hatte ich nie“. In: Süddeutsche Zeitung Nr. 50, 02. März 2022
https://www.art-collection-telekom.com/de/kuenstler/kakhidze-alevtina
Copyright/Aufbewahrungsort
© Alevtina Kakhidze
Zitierweise
Matthias Weber: Immanuel Kant in Werken der modernen Kunst – Anselm Kiefer (1997); https://www.bkge.de/Projekte/Kant/matthias-weber/Kakhidze_Alevtina.php
Links: "Immanuel Kant on Facebook" (2007), Ausschnitt: linke Bildhälfte. Foto: © Leo Katunarić KADELE; die weitere Verbreitung dieser Abbildung ist ohne ausdrückliche Zustimmung des Rechteinhabers untersagt. Das Werk befindet sich in Privatbesitz.
Mitte: "Immanuel Kant on Facebook" (2007), Ausschnitt: rechte Bildhälfte. Foto: © Leo Katunarić KADELE; die weitere Verbreitung dieser Abbildung ist ohne ausdrückliche Zustimmung des Rechteinhabers untersagt. Das Werk befindet sich in Privatbesitz.
Rechts: Im Zuge der Performance entstandenes Graffitto „Immanuel Kant“ mit musikalischer „Ethno-Aufführung“, 26.03.2007. Foto: © Leo Katunarić KADELE; die weitere Verbreitung dieser Abbildung ist ohne ausdrückliche Zustimmung des Rechteinhabers untersagt. Das Werk befindet sich in Privatbesitz.
Künstler
Leo Katunarić KADELE (Split 1965), interdisziplinär arbeitender Künstler, Maler und Regisseur; Studium an der Akademie für Schauspielkunst (The Academy of Dramatic Art) Zagreb, lebt und arbeitet in Zagreb. Ausstellungen, Filme und weitere Arbeiten von Leo Katunarić KADELE werden weltweit gezeigt. Der Künstler befasst sich insbesondere mit den Beziehungen zwischen zeitgenössischer Kunst, digitaler Kultur und virtueller Realität. Er kombiniert Malerei mit Filmkunst, Texten und Performances, um die Ungewissheit und Instabilität der Vorstellungen von Realität zu dokumentieren und zu verdeutlichen.
Werk
„Immanuel Kant on Facebook", 2007, Acryl auf Leinwand, 400 x 220 cm
Interpretationshinweise: Gibt es im digitalen Zeitalter noch Philosophie? Existiert eine „digitale Philosophie"? Solche Fragen stehen im Fokus des aus mehreren Performances bestehenden Projekts „Immanuel Kant on Facebook". In einer Mitteilung vom November 2019 an den Autor berichtete Leo Katunarić KADELE ausführlich über das Projekt und dessen Hintergrund:
"Immanuel Kant on Facebook" ist ein Knotenpunkt in der digitalen Performance eines Projekts, das 2007 in einem physischen, also nicht-digitalen, Raum begann. Es war damals die Zeit, in der die globale Dominanz der digitalen Kultur und der digitalen sozialen Netzwerke sowie die Schaffung des Web 2.0-Paradigmas einsetzte.
Zu sehen ist die Reproduktion eines zweidimensionalen Bildes, das als Ergebnis des siebentägigen, rund um die Uhr stattfindenden Aufenthalts des Künstlers in der VN-Galerie (Galerija knjižnice „Vladimir Nazor") in Zagreb im Jahr 2007 entstanden ist („Seven days and nights living in the VN Gallery Zagreb", „Project Outcast – Kants Facebook", 23.–30.03.2007; Gesamtdauer des Programms 19.–31.03.2007).
Damals machte der Künstler die gesamte Galerie, sich selbst eingeschlossen, zu einer Art Kunst-Produktionsmaschine. Er verwandelte die Galerie in einen Lebensraum, der durch seine physische Materialität das Arbeitsprinzip von Computern und sozialen Netzwerken und die durch sie entstehende künstlerische und kulturelle Produktion imitierte. An einem zentralen Wandbild malte der Künstler jeden Tag „Immanuel Kants Facebook-Seite" weiter, um die Ergebnisse der täglichen Konflikte und Diskussionen mit dem anwesenden Publikum und mit den digitalen Communities wie in einem Tagebuch festzuhalten. Diese Konflikte wurden somit von der ‚Kunstmaschine', die aus Einzelteilen – einem lebendigen Künstler und aus unterschiedlichen anorganischen Teilen – bestand, und die von einer speziellen (imaginären) „Immanuel Kant-Software" gesteuert wurde, in rudimentäre visuelle und textuelle Aufzeichnungen übersetzt. Durch diesen Weg zu einer zeitgenössischen Ästhetik sollten die Spannungen zwischen menschlicher Materialität und maschinellem Algorithmus miteinander konfrontiert werden: „Ich habe dieses Stück als Reaktion auf die heftige Diskussion darüber gemalt, ob es im digitalen Zeitalter Philosophie gibt". (Leo Katunarić KADELE)
Während der sieben Tage und Nächte, die das Projekt dauerte, entwickelte sich der Künstler zu einem Koordinator maschineller Formen, um für das Publikum eine Form von akzeptabler Schönheit zu schaffen. Ferner gab es verschiedene weitere Immanuel-Kant-‚events'. So wurden etwa Textauszüge aus Immanuel Kants „Kritik der Urteilskraft" in kroatischer Übersetzung als Grundlage für Parodien verwendet: Zum Beispiel spielte ein Volksmusiker Texte von Kant auf einem im Balkan traditionellen Instrument („Ethnofassung") und ein anderer Künstler gestaltete ein Wandgraffito „IMMANUEL KANT - Kritik der Urteilskraft". Der Dirigent Tonči Bilić und der Künstler Leo Katunarić KADELE schufen gemeinsam eine fünfminütige Oper „Kritik der Urteilskraft", die von Gesangssolisten mit dem Chor des kroatischen Rundfunks (The Croation Radio TV Choir) aufgeführt wurde. Der Operntext wurde u. a. auch in einer HipHop-Fassung und in einer Rapversion produziert und aufgeführt.
Das Projekt erfuhr in digitaler Form, aber auch in der physischen Realität eine Fortsetzung. Zum Beispiel wurden die Vorhaben, die Leo Katunarić KADELE in den folgenden Jahren im Museum für zeitgenössische Kunst (Museo de Arte Moderno) von Bogota (2008) oder beim „Sarajevo Mess Festival" durchführte, unmittelbar von den Prinzipien inspiriert, die im Rahmen des Projekts „Immanuel Kant on Facebook" entwickelt wurden, auch wenn Immanuel Kant nun nicht mehr explizit erwähnt wurde.
Literatur
- Website: http://leokadele.googlepages.c...
- „Kant on Facebook": Sunčica Ostoić: Kant izbjeglički kamp (2007).
http://www.kgz.hr/hr/dogadjanj... - http://h-alter.org/vijesti/kad...
- https://sites.google.com/site/...
- https://www.culturenet.hr/prin...
- Tokyo arts and space. https://tokyoartsandspace.jp/en/creator/index/K/1399.html
- https://leokadele.wixsite.com/...
Copyright/ Aufbewahrungsort
© Leo Katunarić KADELE; die weitere Verbreitung dieser Abbildung ist ohne ausdrückliche Zustimmung des Rechteinhabers untersagt. Das Werk befindet sich in Privatbesitz.
Publiziert im Januar 2020
Zitierweise
Matthias Weber: Immanuel Kant in Werken der modernen Kunst – Leo Katunarić KADELE;
Künstler
Anselm Kiefer (*1945), deutsch-österreichischer Maler und Bildhauer; zahlreiche internationale Ausstellungen, zahlreiche Auszeichnungen. Anselm Kiefer gilt als der derzeit erfolgreichste in Deutschland gebürtige Künstler.
Werk
"Der gestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir", 1997, Holzschnittcollage auf Leinwand mit Emulsion, Acryl und Schellack / Collage of woodcuts on canvas with emulsion, acrylic and shellac, 268 x 398 x 6 cm. Part I: 199 x 398 cm; Part II: 69 x 198 cm (AKI 1552)
Interpretationshinweise: Kiefer setzt sich in zahlreichen Arbeiten hochreflektiert mit der deutschen Vergangenheit und ihren Auswirkungen auf die gegenwärtige Identität auseinander. Seine Werk-Ensembles entwickeln sich über viele Jahre, wobei sich die Themen und Motive in immer neuen Arrangements wiederholen und zu einem Netz verweben. Der französische Kunsthistoriker Daniel Arasse spricht von einem „Labyrinth" des Kieferschen Oevres, das sich in einem „Prozess aus Kreuzung und Überarbeitung von Themen, Motiven und Konstellationen" entwickle (Arasse, S. 20). Dabei befasste sich Kiefer, der in diesem Zusammenhang als der „vielleicht größte Metaphysiker unserer Zeit" (Hoerschelmann, Albertina) bezeichnet wurde, auch intensiv mit philosophischen Themen.
Es ist insbesondere das Motiv des unendlich weiten Sternenhimmels, das sich bei Kiefer über Jahrzehnte hinweg (Arasse, S. 21) immer wiederfindet. Der Titel "Der gestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir" wird von Kiefer erstmals 1980 verwendet, als er ältere, in den Jahren 1969/70 angefertigte Fotografien (Werkgruppe „Heroische Sinnbilder") mit Acryl und Emulsion überarbeitete und mit dem Zitat beschriftete. Es ging dabei um die Auswirkungen des vom „Dritten Reich" herbeigeführten beispiellosen Zivilisationsbruchs auf die deutsche Identität allgemein und auf die Möglichkeiten künstlerischen Agierens nach den unfassbaren Verbrechen insbesondere. Der Titel geht auf ein bekanntes Zitat aus dem „Beschluß" von Immanuel Kants „Kritik der praktischen Vernunft" (1788) zurück, in dem der Philosoph die äußere erfahrbare Welt mit der inneren Natur des Menschen verbindet und im menschlichen Bewusstsein zusammenführt. Das Zitat lautet vollständig:
"Zwei Dinge erfüllen das Gemüth mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: Der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir. Ich sehe sie beide vor mir und verknüpfe sie unmittelbar mit dem Bewusstsein meiner Existenz". (Immanuel Kant: Kritik der praktischen Vernunft, Riga 1788, hier Kapitel 34, „Beschluß").
1997 übertrug Kiefer das Motiv des „gestirnten Himmels" in ein erweitertes, jetzt stärker metaphysisches Bedeutungsfeld. In dem hier im Mittelpunkt stehenden Holzschnitt zeigt sich der Künstler selbst liegend unter dem weiten Sternenhimmel, offenbar in harmonischer Beziehung zum Universum, mit dem ihn ein hauchdünner Strahl zu verbinden scheint. Indem der Holzschnitt den gestirnten Himmel und das moralische Gesetz mit dem eigenen menschlichen Existenz-Bewusstsein verknüpft, wird insbesondere der Schlusssatz des Kant-Zitats aufgegriffen und visualisiert.
Dabei wird offenbar auch die Lehre des englischen Renaissance-Philosophen Robert Fludd (1574-1637) einbezogen, dem Kiefer einen eigenen Werkzyklus gewidmet hat („For Robert Fludd – The secret Life of Plants", 2001). Nach Fludds Naturphilosophie ist der Mikrokosmos – der Mensch in seiner irdischen Welt – ein Abbild des Makrokosmos, des Universums. Alles Irdische hat demnach seine Entsprechung im Unendlichen, wie es die Verbindung des Menschen zum Sternenhimmel andeutet.
Der unter den Sternen liegende und mit dem Himmel in Verbindung tretende Künstler kommt ähnlich in weiteren Werken Kiefers vor, die durch ihre Titel („Sternenfall" 1995, „Die berühmten Orden der Nacht", 1997) neu kontextualisiert werden, sich aber letztlich ebenfalls auf das Zitat Immanuel Kants beziehen. In den Werken, die das Motiv des „gestirnten Himmels" aufgreifen, versinnbildlicht Kiefer somit auch die harmonische Beziehung des Künstlers zum Universum, offenbar fest daran glaubend, dass „wir die Membran zwischen Makrokosmos und Mikrokosmos sind" (Hoerschelmann).
Literatur
- Daniel Arasse: Anselm Kiefer. München 2015.
- Heiner Bastian (Hg.): Anselm Kiefer. Heroische Sinnbilder/ Heroic Symbols. München 2008.
- Antonia Hoerschelmann (Kuratorin): Anselm Kiefer: Die Holzschnitte (Ausstellungskatalog Albertina). Wien 2016.
- Anselm Kiefer: Die Holzschnitte. Ausstellung Albertina 18. März – 19. Juni 2016; vgl. http://www.jitter-magazin.de/a...
- Alexandra Matzner: Anselm Kiefer. Die Holzschnitte. Monumentale Druckgrafiken in der Albertina, 2016; https://artinwords.de/anselm-k...
Copyright/ Aufbewahrungsort
© Anselm Kiefer; Photo: Ulrich Ghezzi; Courtesy GALERIE THADDAEUS ROPAC, London, Paris, Salzburg. Die weitere Verbreitung dieser Abbildung ist ohne ausdrückliche Zustimmung der Rechteinhaber untersagt.
Publiziert im Juni 2019
Zitierweise
Matthias Weber: Immanuel Kant in Werken der modernen Kunst – Anselm Kiefer (1997);
(in Bearbeitung)
(in Bearbeitung)
(in Bearbeitung)
(in Bearbeitung)
Künstler
Der Maler Jack Levine (1915-2010) war ein Vertreter der us-amerikanischen „Social Realist School" der 1930er Jahre. Nach seiner Ausbildung (Jewish Welfare Centre, Roxbury, Mass.; Museum of Fine Arts, Boston; 1929-1931 Harvard University) war er von 1935 bis 1940 zeitweise in der Arbeitsbeschaffungsbehörde „Works Progress Administration" (WPA), die auch Künstler unterstützte („Federal Art Project"), tätig. Damals richtete Levine in den Slums von Boston ein Studio ein, in welchem er Arme porträtierte und kritische Darstellungen u. a. von korrupten Personen, vor allem Politikern, schuf (z. B. Gemälde „Brain Trust", 1936; „The Feast of Pure Reason", 1937). Soziale Ungleichheit und insbesondere die Probleme der Korruption, des Militarismus und des Rassismus werden in zahlreichen seiner nicht selten satirischen Arbeiten aufgegriffen. Der amerikanische Filmmacher David Sutherland produzierte 1985 den mehrfach ausgezeichneten Dokumentarfilm über Levine mit dem Titel „Jack Levine: Feast of Pure Reason" (http://davidsutherland.com/fil...).
Werk
"The Feast of Pure Reason" („Das Fest der reinen Vernunft"),1937, Öl auf Leinwand, 107 x 122 cm.
Interpretationshinweise: Das während Levines Anstellung beim WPA 1937 entstandene Ölgemälde, typisch für dessen gesellschaftskritische Perspektive, zählt zu den bekanntesten Werken des Malers: Ein Polizist, eine der „Unterwelt" zuzuordnende Person, möglicherweise ein Politiker, und ein wohlhabender Gentleman im Anzug mit Zigarre und Spazierstock, offenbar ein Kapitalist, sitzen rauchend und trinkend in ebenso familiärer wie komfortabler Runde zusammen. Der Whisky sieht teuer aus, gleichwohl ist die Atmosphäre überschattet und verrucht. Die dargestellten Charaktere sind hässlich und abstossend: fett, weite und schlaffe Augen, Doppelkinn. Die Aussage ist klar: Hier konspirieren die Repräsentanten der Ausbeuter und machen vertrauliche Geschäfte auf Kosten der einfachen, notleidenden Menschen. Die Satire auf die politischen Verhältnisse in Boston prangert vor allem die damals vielfach präsente Korruption an.
Die Anspielung auf das erkenntnistheoretische Hauptwerk Kants, die „Kritik der reinen Vernunft" (erschienen Riga 1781) durch die Titelgebung des Bildes ist ironisch und sarkastisch gemeint; das Bild ist eine bittere Satire: Der Polizist, der Gesetzesbrecher und der Kapitalist feiern ein ironisches Fest ihres Wohlstands. Ein Fest, das auf zynische Weise der „reinen Vernunft" dieser Gruppe dient. Was hier gezeigt wird, ist das genaue Gegenteil der reinen Vernunft Kants, das Gegenteil des Kategorischen Imperativs, überhaupt allem entgegengesetzt, was Immanuel Kant repräsentiert. Insofern findet in diesem us-amerikanischen Werk der 1930er Jahre eine sozialkritische Kontrastierung von Kants Kategorischem Imperativ mit dem damaligen Alltagskontext statt.
Levine veranlasste 1970 einen limitierten Nachdruck des Gemäldes und erinnerte damit daran, dass der damalige Kampf der Jugend gegen gesellschaftliche Heuchelei und Borniertheit nicht erst in den 1960er Jahren, sondern schon viel früher begonnen hatte.
Copyright/Aufbewahrungsort
New York, Museum of Modern Art (MoMA). Extended loan from the United States WPA Art Program to The Museum of Modern Art, New York. DIGITAL IMAGE © The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florence.
Literatur
- Hilton Kramer: "The Hazards of Modern Painting", in: David Shapiro (ed.): Social Realism. Art as a Weapon. New York 1973, S. 271.
- Dennis Raverty: The Paintings of Jack Levine and the Politics of Criticism. In: Prospects Vol. 29 (2005), S. 361-372.
- http://www.dcmooregallery.com/...
Zitierweise
Matthias Weber: Immanuel Kant in Werken der modernen Kunst – Jack Levine;
Künstler
Der belgische Surrealist René Magritte (1898-1967) gilt als „eine der Schlüsselfiguren der Kunst des 20. Jahrhunderts" (Fischer: Lemma „Philosophie"). Magritte, der zahlreiche rätselhafte Bilder malte, sah sich weder als Künstler noch als Philosoph sondern als denkender Mensch, der seine Gedanken durch Malerei vermitteln wollte – gewissermaßen als Künstler des Denkens. Magritte versuchte durch seine Bilder gerade philosophische Aussagen zu transportieren und wollte Zeit seines Lebens seiner Malerei eine der Sprache ebenbürtige Ausdrucksform verleihen. Oft malte er, was ihm wichtig schien, ohne weitere Erklärungen abzugeben. So bleibt das Mysterium in seinen Bildern vielfach ohne Auflösung.
Werk
„La Raison Pure" („Die reine Vernunft"), 1948, Gouache auf Leinwand; 60 x 73 cm.
Interpretationshinweise: Der Titel des Werks nimmt Bezug auf Kants „Kritik der reinen Vernunft" (franz.: „Critique de la raison pure"), erschienen in Riga 1781. Die 1948 entstandene Gouache „La Raison Pure" (LRP) zeigt eine allegorische, surrealistische Szene. Sie geht u. a. auf ein 1944 geschaffenes Werk „Le météore" zurück, das ebenfalls einen mit prächtiger Mähne versehenen Pferdekopf vor einem Wald zeigt - allerdings ohne Reiter im Hintergrund und bei abweichender Gestaltung des Waldes. Bei LRP handelt es sich also um eine unter Verwendung von Motiven aus früheren Werken geschaffene Variante, was für das Schaffen Magrittes typisch ist.
Äußerungen Magrittes über LRP sind nicht bekannt. Über „Le météore" schrieb er, dass das Pferdeporträt einen „märchenhaften" Eindruck hinterlasse, der für ihn das „wahre Leben" bedeute und dass der Ersatz des erschöpften menschlichen Antlitzes durch ein Tiergesicht „eine starke Ausstrahlung des Lebens" bedeute. Dies sei als „Gegensatz zu Politikern oder Tyrannen" („bullies") zu sehen. Märchenhaft erscheint auch der aus unwirklich-statischen Blättern (ebenfalls ein Versatzstück aus früheren Werken) bestehende Wald, der viel zu kleine Reiter im Hintergrund und das wallende Haar der Mähne. Auch der menschlich anmutende Pferdekopf deutet die märchentypische Überlagerung menschlicher und tierischer Sphären an.
Magritte befasste sich intensiv mit zeitgenössischen Philosophen (v. a. mit Michel Foucault), setzte sich aber auch mit Descartes, Kant, Hegel und Heidegger auseinander, wobei er stets im Unkonkreten, eher Poetischen (hier Märchenhaften) verharrte, so auch in seinem 1967 entstandenen Gemälde "Le siècle de Lumière" („Das Zeitalter der Aufklärung"). Auch der Titel von LRP bietet keine Erklärung, vielmehr stellen Titel und Bild eine Einheit dar. Die verwendeten Motive mit ihren transzendierenden Botschaften in Verbindung mit dem Kant-Zitat sollen den Betrachter überraschen und zum selbstständigen Nachdenken veranlassen – ganz im Sinne Kants. Da eine Erklärung nicht gegeben wird und wohl auch nicht existiert, muss das Werk für sich selbst sprechen.
Literatur
- David Sylvester (ed.): René Magritte - Catalogue Raisonné, Bd. II: Oil Paintings and Objects 1931-1948. Antwerp 1993, S. 168, 312, 336 (zu „Le météor"), 413 (zu LRP).
- Christoph Grunenberg, Darren, Pih: Magritte. A bis Z. Wien u. a. 2011.
- Christoph Gruneneberg: Lemma „Kitsch". In: Grunenberg/Darren (wie oben), S. 112-114.
- Gisela Fischer: Lemma „Philosophie". In: Grunenberg/Darren (wie oben), S. 154-156.
Copyright/ Aufbewahrungsort
© VG Bildkunst, René Magritte / ADAGP. Das Bild gehört den „Royal Museums of Fine Arts of Belgium", Brüssel. Die weitere Verbreitung dieser Abbildung ist ohne ausdrückliche Zustimmung der Rechteinhaber untersagt. Reproduktions- und Nutzungsrechte liegen bei ADAGP Image Bank.
Publiziert im Januar 2019
Zitierweise
Matthias Weber: Immanuel Kant in Werken der modernen Kunst – René Magritte;
Künstler:
Jonathan Meese (geb. 1970), 1995 ̶ 1998 Studium an der Hamburger Hochschule für Bildende Künste bei Franz Erhard Walther; 1998 erstmals Ausstellung auf der Biennale in Berlin. Meeses Arbeit umfasst Installationen, (Wand-)Gemälde, Zeichnungen, Drucke, Skulpturen, Videos, Texte und „Performances", die sich in der Art eines Gesamtkunstwerks vernetzen.
Werk:
„Immanuel Kant", 2007, Blatt aus der Mappe „Große Philosophen". Die Mappe besteht aus sieben einfarbig schwarz gedruckten Lithographien, die die Philosophen Friedrich Engels, Friedrich Nietzsche, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Immanuel Kant, Jean-Paul Sartre, Karl Marx und Martin Heidegger darstellen; Papierformat: 70 x 50 cm, Auflage: 20 Exemplare, Druck: Tabor Presse Berlin.
Interpretationshinweise: Meese ist bekannt für expressionistisch-provokante Werke, die Themen, Motive und Personen aus der Geschichte, der Mythologie und der Populärkultur nicht selten zu chaotischen, absichtlich verstörenden Bildern verschmelzen. Seine vielfach kontrovers beurteilte, variantenreiche Konzeptkunst beschäftigt sich insbesondere mit den Themen Politik, Macht und Nationalsozialismus sowie mit Sehnsucht, Identität und Mythen.
Die in der Mappe „Große Philosophen" enthaltenen Porträts einflussreicher Philosophen des 19. und 20. Jahrhunderts sind grotesk-verzerrt und stark verfremdet. Immanuel Kant ist in einer Art Narrenpose und in uniformähnlicher mit einer Zeichnung des (in Meeses Bildern omnipräsenten) Eisernen Kreuzes versehenen Kleidung wiedergegeben. Die Darstellungen können in der künstlerischen Tradition der „Groteske" gesehen werden, die zur Dekonstruktion der intellektuellen Leistung nicht nur Immanuel Kants und der anderen hier vertretenen Philosophen, sondern der Philosophie und in einem weiteren Sinn des bisherigen Kulturschaffens insgesamt eingesetzt wird. Diese in den Lithographien zum Ausdruck kommende Ablehnungshaltung ist radikal und kompromisslos. Sie fügt sich nahtlos nicht nur in den Gesamtkontext von Meeses Kunst, sondern in dessen programmatische Äußerungen über die Stellung von Kunst insgesamt ein.
Meese bringt in seinen teils provozierenden (auf zahlreichen YouTube Videos dokumentierten) „Performances" regelmäßig seine ebenso pauschale wie fundamentale Verachtung von Normen, Lehren und Gesetzen sowie die Verurteilung konventioneller Werte insgesamt zum Ausdruck. Ohne sich näher mit Einzelheiten auseinanderzusetzen, lehnt Meese pointiert sämtliche etablierten staatlichen und gesellschaftlichen Formen des Zusammenlebens und Formen von Kultur, Religion oder Politik kategorisch ab. Als einzig anzustrebendes, oft in plakativ-aggressiver Rhetorik propagiertes Ideal einer künftig sich zwangsläufig etablierenden Staatsform gilt für ihn die in jeder Hinsicht ideologiefreie „Diktatur der Kunst", der sich niemand entgegenstellen dürfe und der sich alle Menschen bedingungslos unterordnen müssten.
Werner Pelikan unterscheidet Meeses Haltung zum Verhältnis von Kunst und Gesellschaft von der Haltung Anselm Kiefers wie folgt: „Ganz anders dagegen die Art der Auseinandersetzung des Jonathan Meese mit dem, was wir ... als politisch-gesellschaftliche Zusammenhänge bezeichnet haben. Indem er es strikt ablehnt, andere zu irgendetwas veranlassen zu wollen, feuert er auf die Ordnungsweisen unserer Gegenwart geradezu wüst und zum Lachen chaotisch, wenn man bei ihm nur wüsste, worüber man eigentlich lachen soll. ... Für Meese hat die Moderne, wenn diese dann nach dem Einen, dem Klar-Sinnvollen sucht, restlos ausgedient." (Pelikan, S. 167)
Literatur
- Werner Pelikan: Mythen und Mythenbildung in Kunst und Werbung – Grundmuster der Kommunikation. Dissertation an der Universität Kassel Fachbereich Kunstwissenschaft, 2005. https://kobra.uni-kassel.de/bi...
- Homepage Jonathan Meese: http://jonathanmeese.com/
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© VG Bild-Kunst; vorhanden im Stedelijk Museum Amsterdam, Objektnummer: 2007.1.0112(1-9)5. Die weitere Verbreitung dieser Abbildung ist ohne ausdrückliche Zustimmung der Rechteinhaber untersagt.
Publiziert im Juni 2019.
Zitierweise
Matthias Weber: Immanuel Kant in Werken der modernen Kunst – Jonathan Meese;
Künstler
Der französische Fotograf, Installationskünstler und „Visual Artist" Laurent Millet (geb. 1968 Roanne) lebt und arbeitet in La Rochelle und unterrichtet an der Kunstschule (Ecole Supérieure des Beaux Arts) in Angers. Er verwendet unterschiedliche Materialien, Techniken und Medien (Fotografie, Skulptur, Malerei, Video, Installation). In seinen Werken interpretiert er u. a. Gedanken und Realitätsbegriffe, das metaphysische Sein oder die An- und Abwesenheit von Erinnerung, Bewusstsein und Wahrnehmung; Millets Werke sind in Ausstellungen und Sammlungen international vertreten.
Werk
„Les derniers jours d'Emmanuel Kant" [„Die letzten Tage des Immanuel Kant"], 2008-2009, 12 Fotografien, teils 60 x80 cm, z.T unterschiedliche Grössen; die Fotografien sind mit folgenden Bezeichnungen versehen:
- Allons Monsieur Kant
- Calmez vous Monsieur Kant
- Doucement Monsieur Kant
- Encore un effort Monsieur Kant
- Ne faites pas l'enfant Monsieur Kant
- Ne vous fatiguez pas Monsieur Kant
- Pas si vite Monsieur Kant
- Tout va bien Monsieur Kant
- Un peu de sérieux Monsieur Kant
- Une illusion Monsieur Kant
- Vous vous trompez Monsieur Kant
- Vous y êtes presque Monsieur Kant
Interpretationshinweise: Das Thema der Fotografienserie geht auf die 1827 veröffentlichte Novelle „The Last Days of Immanuel Kant" des britischen Schriftstellers Thomas De Quincey (1785-1859) zurück. Diese zeichnet das nahende Lebensende Kants durch die Schilderung des allmählichen Schwindens seiner einst scharfen Sinne nach. Quincey beschreibt, wie Kant, dessen Werk „Kritik der reinen Vernunft" (1781) als zentrales erkenntnistheoretisches Werk der Aufklärungsphilosophie gilt, selbst immer weniger zur Wahrnehmung und zur Erkenntnis seiner Umgebung in der Lage ist.
Millets Werk spiegelt diese Thematik des Buches insofern wider, als die Aufnahmen der von ihm (nur zum Zwecke der Fotografie) geschaffenen skulpturalen Installationen bzw. Konstruktionen durch die Ausnutzung von Lichtreflexen, Schattierungen und Perspektiven Zweifel an der Zuverlässigkeit und Korrektheit der sinnlichen Wahrnehmung überhaupt aufkommen lassen. Millet scheint dabei von der Annahme auszugehen, dass die Dinge, welche die Menschen umgeben, von ihnen ohnehin nicht objektiv wahrnehmbar sind. So sind seine Aufnahmen Teile eines wahrnehmungs- und erkenntnispsychologischen Spiels zwischen Skulptur und Fotografie. Kants nachlassende Kräfte werden dabei zur Inspiration für Millets eigene Erkundungen des phänomenologischen Zweifels.
Die Fotos präsentieren reale, überwiegend abstrakte Objekte in Räumen, die durch Steckdosen, Lampen, Kabel, Möbelstücke oder andere Ausstattungen konkret erkennbar und insofern selbst nicht abstrakt konstruiert sind. Die Einbeziehung von Details der Atelierumgebung in die Fotografien kann als Verbindung des künstlerisch-kreativen Prozesses mit dem realen, praktischen künstlerischen Umfeld verstanden werden.
Die abgebildeten Objekte bzw. die Fotografien sind offen für Deutungen (Michael Wilson): Einige wecken Assoziationen in naturwissenschaftlicher Richtung: In „Calmez vous Monsieur Kant" und „Doucement Monsieur Kant" werden farbige, auf Drähten konfigurierte Würfel bzw. Kugeln gezeigt, die entfernt an molekulare oder atomare Modelle einer nicht sichtbaren Realität erinnern.
In „Allons Monsieur Kant" und „Une illusion Monsieur Kant" sind die durchsichtigen, durch einen einzigen Faden kaum sichtbar aneinander und an der Wand befestigten Kästen hauptsächlich durch die Schattenwürfe erkennbar, die sie erzeugen. Der Schatten scheint die Anordnung von drei Dimensionen in zwei zu verwandeln und insgesamt entsteht eine Verwirrung durch die kaum vorhandenen Sichtbarkeit (=Wahrnehmbarkeit) der transparenten dreidimensionalen Objekte und ihrem zwar gut wahrnehmbaren, sich aber nur in zwei Dimension manifestierenden Schatten.
In weiteren Fotografien werden Assoziationen durch das Zitieren von Werken anderer Künstler ergänzt. „Ne vous fatiguez pas Monsieur Kant" zeigt eine Reihe von mehrfarbigen Leuchtstoffröhren, die gegen eine weiße Wand gelehnt sind und von einem Scheinwerfer beleuchtet werden. Auch in „Pas si vite Monsieur Kant" tauchen die farbigen Röhren auf, nun in Form eines rahmenartigen Quadrats. Sie erinnern an ähnliche bunte Leuchtröhren-Installationen von Dan Flavin und Spencer Finch. Eva Hesse, Alexander Calder und Wladimir Tatlin können als weitere Quellen der Inspiration Millets gelten. Seine Konstruktionen verweisen damit auch auf ein breites modernistisches Spektrum von Kunst. Sie hinterlassen aufgrund ihrer Unbestimmtheit einen kritischen Zweifel an der menschlichen Fähigkeit, die Welt auf objektive Weise zu erkennen und wahrzunehmen.
Literaturangaben
- Michael Wilson: Laurent Millet – Robert Mann Gallery, „Les derniers jours d'Emmanuel Kant" (Review); in: Artforum International October 2010. https://www.artforum.com/print...
- Julie Ceminaud: Les derniers jours d'Emmanuel Kant (2009):
- https://docplayer.fr/6213063-L...
- Homepage: http://www.laurent-millet.com
Copyright/ Aufbewahrungsort
©Laurent Millet. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Das Original befindet sich im Privatbesitz.
Publiziert im Oktober 2019.
Zitierweise
Matthias Weber: Immanuel Kant in Werken der modernen Kunst – Laurent Millet.
Künstlerin
Ree Morton (Ossining – New York, 1936 - 1977) war eine US-amerikanische Installationskünstlerin, Plastikerin und Zeichnerin. Sie wird der feministischen, postminimalistischen Kunstbewegung der 1970er Jahre zugerechnet. Ihr Werk ist individualistisch, oft mehrdeutig und unkonkret.
Werk
„Immanuel Kant“, 1973, Aquarell mit Bleistiftzeichnung auf Papier; 38,1 x 56,5 cm.
Der Text (linke Bildhälfte) lautet:
To the question, “Is this where the fugitives are hiding?” the nun, posted before her convent, persistently replied “No” shaking her head from right to left after each deep peck of the winged creature. (R. Roussel, S. 20)
Übersetzung: Auf die Frage: „Sind hier die Flüchtlinge versteckt?“, antwortete die Nonne, die vor ihrem Kloster stand, beharrlich: „Nein“, und neigte nach jedem Schnabelhieb des Federviehs, das aussah, als picke es etwas auf, den Kopf nach rechts und nach links. (nach Roussell/Freund, S. 24)
Interpretationshinweise: Die Immanuel-Kant-Zeichnung ist aufgrund Maltechnik, Symbolik, inhaltlicher Bezugnahmen und Entstehungszeit in Verbindung mit zwei Installationen Ree Mortons von 1973 zu sehen mit den Titeln: „Sister Perpetua’s Lie“ und „Is this where the fugitives are hiding“. Die Zeichnung ebenso wie die Installationen beziehen sich auf die englische Übersetzung des Buches „Impressions d’Afrique“ (1910) des französischen Schriftstellers Raymond Roussel, das für die Avantgarde der 1920er Jahre von großer Bedeutung war: Roussels hier realisierter experimenteller Schreibstil beruht auf spielerischem Umgang mit Sprache als Material jenseits von Bedeutung. Wortspiele und spontane Assoziationen generieren Geschichten, die in Afrika ein Gebiet grotesk-fantastisch-zügelloser Imagination entstehen lassen; es werden surreal-burleske Situationen, wundersame Maschinen und skurrile Protagonisten in teils absurd detaillierter Weise beschrieben. Im Zentrum der Zeichnung „Immanuel Kant“ ebenso wie der aus 12 (ähnlichen) Zeichnungen bestehenden Installation „Sister Perpetua’s Lie“ steht die oben wiedergegebene Passage aus Roussels Roman.
Kant kommt in „Impressions d’Afrique“ gleich zu Beginn vor, bei der Beschreibung einer Szenerie, die mit Morton’s Zeichnung “Immanuel Kant” korrespondiert. Die Szenerie besteht u.a. aus einer fahrenden Konstruktion (Roussell/Freund, S. 11f.) und aus der „Büste eines Denkers“, deren Sockel mit „Immanuel Kant“ beschriftet ist – dieser Namenszug ist der einzige optisch freigestellte Text im ganzen Buch, ohne dass diese Hervorhebung erklärt wird. Sodann wird eine Skulpturengruppe beschrieben, welche das Verhör der Nonne Perpetua durch einen „Reiter mit grausamer Miene“ zeigt. Auf der Basis der Skulpturengruppe steht die Inschrift: „Die Lüge der Nonne Perpetua“ mit der Frage: „Verbergen sich hier die Flüchtlinge?“ Einige Seiten später wird die erwähnte Büste Kants näher beschrieben; sie ist im Inneren mit Scheinwerfern und Reflektoren versehen, „die die Flammen des Genies darstellten“ (S. 23), dann folgt das in der Zeichnung verwendete Zitat (Roussell/Freund, S. 24), das später erläutert wird: Es gehe auf „eine alte bretonische Legende“ zurück, „die auf rührende Weise die heroische, berühmte Lüge der Nonne Perpetua berichtet, die sich nicht fürchtete, ihr Leben zu riskieren, als sie es ablehnte, zwei in ihrem Kloster versteckte Flüchtlinge [ … ] auszuliefern“ (Roussell/Freund, S. 262). Auch der von Roussel erwähnte „dünne senkrechte Schlauch“, der „einen unsichtbaren Mechanismus in Bewegung setzt“, scheint in Morton Zeichnung “Immanuel Kant” vorzukommen. Die Bedeutung der Anordnung der Motive (ebenso wie der 12 Zeichnungen in “Sister Perpetua’s Lie”) bleibt letztlich ebenso unklar wie die Funktion Immanuel Kants in Roussels Werk.
Diana Baldon, die sich mit der von Ree Morton verwendeten Symbolsprache intensiv auseinandergesetzt hat, weist erklärend darauf hin, dass die Künstlerin „neun Monate lang über die Textkombinationen und die ausgefeilten, auf abenteuerlichen Wortspielmechanismen beruhenden Handlungsstränge“ in „Impressions d’Afrique“ nachgedacht habe, bevor sie eine eigene künstlerische Praxis etablierte, „die Objekte hervorbrachte, die sowohl abstrakte Reflexionen als auch allzu einfachen Realismus zu vermeiden wussten“ (Baldon, S. 42).
Die Zeichnung „Immanuel Kant“ ist somit eine Visualisierung einer surrealen Szenerie in Roussels Buch, deren metaphorischer und inhaltlicher Gehalt unscharf bleibt und sich einer eindeutigen Interpretation entzieht. Die Zeichnung ist ein Solitär. Sie wurde bislang in der Literatur nicht beschrieben oder abgebildet.
Literatur und Quellen
- Ree Morton – Werke 1971-1977. Publikation zur Ausstellung. Hg. von Sabine Folie für die Generali Foundation Wien 2009, 208 Seiten, Verlag der Modernen Kunst Nürnberg (hier S. 74-84 und 183 über das Werk „Sister Perpetua’s Lie“).
- Diana Baldon: Der Tempel des Artifiziellen und des Naturalistischen. In: Ree Morton – Werke 1971-1977, S. 42-55.
- Raymond Roussel: Impressions of Africa. A Novel. Translated by Lindy Foord and Rayner Heppenstall. Berkeley, Los Angeles, 1967.
- Raymond Roussel: Eindrücke aus Afrika. Roman. Revidierte Übersetzung von Cajetan Freund. Luzern 2016.
Copyright
© Estate of Ree Morton, courtesy Alexander and Bonin, New York; Aufbewahrungsort: Museum of Modern Art (MoMA), New York, The Judith Rothschild Foundation Contemporary Drawings Collection Gift (purchase, and gift, in part, of The Eileen and Michael Cohen Collection). Acc. no.: 2477.2005; Digital image, The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florence; die weitere Verbreitung dieser Abbildung ist ohne ausdrückliche Zustimmung der Rechteinhaber untersagt.
Publiziert im September 2018
Zitierweise
Matthias Weber: Immanuel Kant in Werken der modernen Kunst – Ree Morton;
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Abbildung links: Adam Smith (2008). Foto: © Yinka Shonibare CBE. All Rights Reserved, DACS/Artimage 2019. Image courtesy James Cohan Callery.
Abbildung links-Mitte: Gabrielle-Émilie-Le-Tonnelier-de-Breteuil, Marquise de Châtelet (2008). Foto: © Yinka Shonibare CBE. All Rights Reserved, DACS/Artimage 2019. Image courtesy James Cohan Callery.
Abbildung rechts-Mitte: Jean le Rond d'Alembert (2008). Foto: © Yinka Shonibare CBE. All Rights Reserved, DACS/Artimage 2019. Image courtesy James Cohan Callery.
Abbildung rechts: Voltaire (2016). Foto: © Yinka Shonibare CBE. All Rights Reserved, DACS/Artimage 2019. Image courtesy James Cohan Callery.
Künstler
Yinka Shonibare CBE (*1962 London) gehört zu den „Young British Artists" (YBAs), einer Künstlergruppe der 1990er Jahre, deren Bezeichnung insbesondere auf die Ausstellungsreihe „Young British Artists in the Saatchi Gallery" zurückging. Ausdrucksmittel Shonibares sind insbesondere Fotografie, Installation, Malerei und Film. Er studierte in London „Fine Arts" an der Byam School of Art (heute: Central Saint Martins College) und am Londoner Goldsmiths College. Shonibare wurde vielfach ausgezeichnet, 2005 akzeptierte er nicht nur die Aufnahme in den „The Most Excellent Order of the British Empire", die andere schwarze Künstler aus Protest ablehnten, sondern fügte sogar den Zusatz MBE seinem Namen hinzu. 2019 erfolgte die Auszeichnung zum „Commander of the Order of the British Empire" (seither Namenszusatz CBE); seine Arbeiten stehen in Galerien weltweit.
Das Werk des britisch-nigerianischen Künstlers ist in besonderer Weise autobiographisch beeinflusst: Shonibare wuchs in sozial gesichertem Umfeld seit seinem dritten Lebensjahr in Lagos (Nigeria) auf, wo er bis zur Rückkehr nach London in den 1980er Jahren lebte. Die persönlichen kulturellen Erfahrungen in Afrika und Europa schlagen sich insbesondere in den Dimensionen von Kolonisation und ihren Folgen in seinen Werken nieder. Der Künstler ist infolge einer Erkrankung teilweise gelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen.
Werk
„Immanuel Kant", 2008, lebensgroße Fiberglasfigur, Kleidung in „Dutch wax" (farbenprächtig bedruckter Baumwollstoff), verschiedene Materialien, Abmessungen: 75 x 105 x 80 cm.
Die an einem Schreibtisch sitzende und schreibende Kant-Figur ist im Stil eines Gelehrten des 18. Jahrhundert gekleidet (Jacke, Weste, Kniehosen, lange Strümpfe), nur dass die Farben der Kleidung auffällig sind.
Die Figur gehört zu einer mit dem Titel „The Age of Enlightenment" („Das Zeitalter der Aufklärung") versehenen Gruppe, die aus fünf 2008 geschaffenen Figuren von Schlüsselpersönlichkeiten der Aufklärung besteht: dem Philosophen und Begründer der klassischen Nationalökonomie Adam Smith (†1790), dem Mitbegründer der Chemie Antoine Lavoisier (†1794), der Physikerin und Philosophin Gabrielle Émilie Le Tonnelier (†1749), dem Mathematiker und Philosophen Jean-Baptist le Rond d'Alembert (†1783) und Immanuel Kant (†1824). 2016 wurde noch eine Voltaire-Figur (†1778) hinzugefügt. Alle Figuren sind kopflos und dadurch anonymisiert und entindividualisiert, sie sind gleichwohl in geradezu dynamischer gelehrt-geschäftiger Aktivität (lesend, schreibend, dozierend, vor dem Bücherschrank usw.) dargestellt. Überwiegend sind sie mit körperlichen Gebrechen oder Behinderungen versehen, ihre Hautfarbe ist braun, ihre Kleidung weist eine afrikanisch anmutende Musterung auf.
Interpretationshinweise: Der Enlightenment-Zyklus ist u. a. im Zusammenhang mit einer vergleichbaren, bereits 2003 geschaffenen Figuren-Installation Shonibares unter dem Titel „Scramble for Africa" („Wettlauf um Afrika") zu betrachten. Darin sind – auf ähnliche Weise und ebenfalls kopflos – die Repräsentanten der damaligen Kolonialmächte dargestellt, wie sie auf der sog. „Kongo-Konferenz" in Berlin in den Jahren 1884/85 ihre Macht- und Ausbeutungsinteressen in Afrika abstimmten, die systematische Ausraubung des Kontinents planten und damit, so die Botschaft, die Verantwortung für dessen heutigen Zustand tragen. Shonibare erläuterte „Scramble for Africa" wie folgt:
„Damals fassten 14 europäische Staaten gemeinsam einen Beschluss, Afrika untereinander aufzuteilen, ohne sich um das, was die Afrikaner selbst wollten, zu kümmern, oder sie hinzuzuziehen. Und aus diesem Grunde habe ich diese Menschen als kopflose, als hirnlose Menschen dargestellt. Ich habe auch eine Art witzige Anspielung auf die Französische Revolution eingebaut, wo ja auch die Aristokraten damals mit der Guillotine geköpft worden sind". (Gespräch mit H. Hettinger, 2010).
Die Installation „Scramble for Africa" wurde 2010 in Berlin auf der Empore der von dem preußischen Baumeister Karl Friedrich Schinkel erbauten Friedrichswerderschen Kirche gezeigt – hier tagten die Kopflosen sicher nicht zufällig über den Büsten von Kant, Winckelmann, Goethe und den Gebrüdern Humboldt (Grill, 2010).
Man wird sicher nicht fehlgehen, die Ausführungen Shonibares über „Scramble for Africa" auf den Enlightenment-Zyklus zu übertragen. Nur sind es hier nicht die Unterhändler der politischen Mächte, sondern die überaus aktiven Aufklärer, die als geistige Repräsentanten und Wegbereiter des Kolonalismus und als kopflose Widergänger auftreten. Shonibare will damit in Erinnerung rufen, dass die Aufklärer, die im 18. Jahrhundert die Vernunft gelehrt haben, im 19. Jahrhundert herangezogen wurden, um die koloniale Eroberung und Beherrschung Afrikas zu legitimieren und um die ‚zivilisatorische Mission' der Kolonialmächte argumentativ zu rechtfertigen. Die Kuratorin Cheryl Sim (DHC/Art Foundation) betonte im Text zur Ausstellung „Pièces de résistance" (Montreal 2015): „Gerade Kant war der Philosoph, dessen Schriften über Vernunft, Analyse und Individualismus dazu beitrugen, das Zeitalter der Aufklärung zu schaffen, eine Periode, die mit dem Aufstieg der Bourgeoisie zusammenfiel. Seine Ideen wurden verwendet, um die kolonialen Eroberungen des 19. Jahrhunderts als Missionen zu zivilisieren und rückwärts gerichtete Völker zu erleuchten" (John Pohl, 2015). Vereinfacht ausgedrückt: Die Installation „Scramble for Africa" kritisiert die materielle, die Figurengrupe „Age of Enlightenment" die intellektuell legitimierende Ebene des Unrechts, das Europa an und in Afrika begangen hat.
Durch die verwendeten Stoffe und Kostümmuster thematisierte Shonibare das Verhältnis Europa - Afrika in höchst komplexer Weise: Die Kostüme sind meist im viktorianischen Stil aus sog. Waxprint geschneidert, bunt gemusterten Baumwollstoffen, die man mit reiseprospekthaften Romantisierungen vom „authentischen Afrika" zu verbinden gelernt hat. Diese Waxprint-Stoffe werden bei Shonibare zur Grundlage verweisreicher mehrfach codierter Arrangements. Die Stoffe sind politisch stark aufgeladen, denn Waxprints sind gerade nicht „authentisch afrikanisch", sondern stammen ursprünglich aus Indonesien und gelangten erst im 19. Jahrhundert über koloniale Handelsrouten aus England und Holland nach Westafrika. Die Annahme, man kleide sich in Afrika traditionell in diese Stoffe, ist also das Produkt des westlichen Kolonialismus ebenso wie die Stoffe selbst. Wenn Shonibare historische und (post-)koloniale Aufklärungsfiguren ohne Rücksicht auf chronologische Plausibilität in diese Stoffe kleidet, kehrt er die Geschichte gewissermaßen um (Kedves) und verweist auf die imperiale ausbeuterische Tradition des britischen Empires bzw. des Kolonialismus und auf die geistig-moralische Involvierung der Aufklärung hin.
Warum die merkwürdigen Behinderungen? Hierzu äußert sich Shonibare wie folgt:
"Indem ich Adam Smith und Jean le Rond d'Alembert Behinderungen gebe ... wollte ich diese auch als Mittel nutzen, um zu zeigen, wie diese Figuren, die mitverantwortlich für die Definition von „Andersartigkeit" im Kontext der Aufklärung waren, ebenfalls durch ihre Behinderung selbst zu den Andersartigen gehörten".
(Zitat: https://africa.si.edu/exhibits...).
Hier stehen also die Wahrnehmung und die Reflexion dessen im Fokus, was als „normal" oder akzeptabel scheint und was nicht. Da der Künstler selbst eine körperliche Behinderung hat, dürfte auch hier eine autobiographische Dimension hinzutreten.
Shonibare versteht seine Werke nicht als Protestkunst der Unterdrückten gegen die Aubeuter. Der Zyklus „Age of Enlightenment" betrifft vielmehr das Zusammenwirken von Geschichte, Politik, Tradition, Philosophie und Kunst. Shonibare bringt die Entstehung des heute in Europa verbreiteten Afrikabildes und die gegenwärtige Wahrnehmung dieses Kontinents in den Augen der Europäer ins Bewusstsein und will dadurch zur Dekolonialisierung der europäischen Wahrnehmung Afrikas beitragen.
Literatur
- Homepage: http://yinkashonibare.com/home...
- Milwaukee Art Museum:
- http://collection.mam.org/deta...
- Galerie Friedman;
- https://www.stephenfriedman.co...
- Frank, Priscilla: Yinka Shonibare MBE remixes the enlightenment in stunning 'Magic Ladders' exhibition:
- http://www.huffingtonpost.com/...
- Grill, Bartholomäus: Afrikanische Kunst – Auswärtsspiel. In: Die Zeit 18, 2010:
- https://www.zeit.de/2010/18/KS...
- Holger Hettinger (Gespräch mit Yinka Shonibare), Deutschlandfunk Kultur, 04.06.2010:
- https://www.deutschlandfunkkul...
- Jan Kedves: Yinka Shonibare MBE: Blain|Southern, Berlin & Herbert-Gerisch-Stiftung, Neumünster, Review 2014:
- https://frieze.com/article/yin...
- John Pohl: Visual Arts - Shonibare challenges expectations in exquisite exhibition
- Montreal Gazette 2015:
- https://montrealgazette.com/en...
Copyright/ Aufbewahrungsort
Alle fünf abgebildeten Werke: © Yinka Shonibare CBE. All Rights Reserved, DACS/Artimage 2019. Image courtesy James Cohan Callery
Publiziert im April 2019
Zitierweise
Matthias Weber: Immanuel Kant in Werken der modernen Kunst – Yinka Shonibare;
Künstlerin
Nelli Smirnjagina (Kaliningrad); zeitgenössische Künstlerin, Absolventin der Alexander von Stieglitz-Akademie für Kunst und Gewerbe Sankt Petersburg. Sie befasst sich insbesondere mit historischen Themen (Personen, Städte); ihr Werk umfasst u.a. Pastelle, Aquarelle, Ölgemälde und Porträts.
Werk
„In den Zeiten von Kant", Pastell auf Papier; entstanden 2004; Größe: 49 x 49 Zentimeter
Interpretationshinweise: Smirnjagina setzt sich in einer Reihe von Werken mit der Vergangenheit und Zerstörung von Königsberg und der Entstehung von Kaliningrad sowie mit Immanuel Kant und seiner Zeit auseinander. Im Zentrum des Pastells „In den Zeiten von Kant" steht der Königsberger Dom. Die darüber aufsteigende Möwe ist eine Botin Gottes, die mit ihren weit geöffneten Flügeln für die Verbindung mit dem Universum und für Universalität steht. Sie ist zugleich ein Symbol des (nahegelegenen) unendlichen Meeres und der Freiheit des Menschen. Auf dem Platz vor dem Dom befinden sich tanzende oder zumindest fröhliche Menschen in der Kleidung des 18. und 19. Jahrhunderts. Darüber sind Porträts des preußischen Königs Friedrich II. des Großen (1712-1786; links oben), des jungen Immanuel Kant (1724-1804; links unten), von Andrej Bolotov (1738-1833; rechts oben) und von Jean-Jaques Rousseau (1712-1778).
Der russische Wissenschaftler, Schriftsteller und Philosoph Bolotov kam 1758 als Soldat mit den russischen Besatzungstruppen nach Königsberg. Seine Beschreibung verdeutlicht, dass keinerlei Hass die Kriegsparteien leitete. 1762 schrieb er zum Abschied: „Lebwohl geliebte und teure Stadt, lebwohl für immer. [...]. Möge der Himmel Dich vor allem Übel bewahren, möge er seine Güter freigiebig über Dir ausschütten! [...] Bis ans Ende meiner Tage will ich Deiner gedenken" (Andrej T. Bolotov: Ein Russe in Königsberg 1758-1762, in: Birgitta Kluge (Hg.): Königsberg in alten und neuen Reisebeschreibungen. Düsseldorf 1989, S. 36-39, das Zitat S. 39).
In dem in Frankreich mit Publikationsverbot belegten Schriftsteller und Staatstheorethiker Rousseau sah Kant einen Gesinnungsgefährten, vor allem nach Lektüre von dessen Schriften „Emile" (1761) und „Du Contrat Social" (1763). Paris und Königsberg sollten die Hauptwirkungsorte für den „Contrat Social" werden: praktisch in der französischen Revolution und theoretisch in Kants Werk. Das über dem Schreibtisch hängende Porträt Rousseaus war das einzige Bildnis in Kants Haus (vgl. Dieter Kaltwasser: Über sein Jahrhundert hinaus. Ein Rückblick auf die Neuerscheinungen zu Jean-Jacques Rousseau im Jubiläumsjahr 2012
˂http://www.glanzundelend.de/Ar...˃
Die vier Persönlichkeiten stehen für das Zusammenwirken von Herrschaft, Philosophie, Literatur und Wissenschaft, repräsentiert durch Intellektuelle aus unterschiedlichen Ländern. Das Pastell zeigt eine Idylle aus den früheren, glücklichen Tagen Königsbergs und ist gleichsam eine Werbung für die kulturelle Vielfalt. Es ist als Einladung zur Auseinandersetzung mit der Geschichte Königsbergs und Kaliningrads zu verstehen und als Anregung, diese Vergangenheit als Teil der heutigen Identität Kaliningrads wieder lebendig werden zu lassen.
Copyright / Aufbewahrungsort
© Nelli Smirnjagina; die weitere Verbreitung dieser Abbildung ist ohne ausdrückliche Zustimmung der Rechteinhaberin untersagt. Das Werk befindet sich in Privatbesitz.
Publiziert im November 2018
Zitierweise
Matthias Weber: Immanuel Kant in Werken der modernen Kunst – Nelli Smirnjagina:
(in Bearbeitung)
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Künstler
Sergej Tyukanov (*1955 Poronaisk, Russland), Studium an der Fakultät für Kunst und Graphik an der Hochschule Chabarowsk; lebt und arbeitet in Kaliningrad/Königsberg und Chicago; Arbeiten des Künstlers sind in Museen weltweit. Tyukanovs Motive greifen auf die Geschichte, auf Märchen und Erzählungen, Folklore, Mythos, Architektur und Philosophie aus aller Welt zurück. Er kreiert fantastische, fantasievolle und surrealistische Arbeiten, die nicht selten paradoxe Welten zeigen und teils an Werke von Pieter Bruegel d. Älteren oder Hieronymus Bosch erinnern. Seine Aquarelle, Zeichnungen, Öl- und Acrylgemälde und Radierungen sind vielfach äußerst detailliert ausgearbeitet.
Werk
„Project – Denkmal – Bibliothek – Emmanuel Kant in Königsberg"; 1998; Radierung, Exlibris, 13,3 x 17,8 cm.
Informationen; Interpretationshinweise
Das Exlibris wurde für den Bibliothekar Bernhard E. Köster (Stadtbücherei Haltern am See) angefertigt. Die hier gezeigten fantastischen Entwürfe einer „Denkmal-Bibliothek" für Immanuel Kant greifen auf die Vergangenheit und das frühere Wirken Kants in Königsberg zurück. Das angedeutete Königsberger Observatorium (Mitte), die Kogge (Dreispitz), die Stadtansichten und die Attribute und Zitate (insbes. rechts oben) spielen in fantasievoller Weise auf die alte Hansestadt Königsberg, ihre Architektur sowie auf Kant und seine Philosophie an. Es ist ein Anknüpfen an die Vergangenheit, das durch die Idee der Errichtung eines verfremdeten und surrealen „Denkmals" als Appell verstanden werden kann, das historische, materielle und geistige Erbe Königsbergs und Kants auch in Kaliningrad zu würdigen.
Tyukanov schreibt darüber: „This is my project for the library of the great philosopher Immanuel Kant. The main building is situated in the stone head of the philosopher while his hat I designed as the star observatory since Kant stated that he only took two things seriously in this world: The steary sky above his head and the spiritual force inside of him" (Website). "In the etching I made a project of 4 different libraries named after Kant..." (Mitteilung des Künstlers im Februar 2019).
Übersetzung der in russischer Sprache vorgenommenen handschriftlichen Einträge: (1) Entwurf einer Denkmal-Bibliothek Immanuel Kants in Königsberg; (2) Bibliothek für 1.000 Menschen; (3) Gesehen und gemalt während eines Spaziergangs durch Königsberg; Künstler: Sergey Tyukanov; (4) Denkmal: Bibliothek für 500 Menschen; (5) Bibliothek mit den Werken von Kant; (6) Über 100 Meter hoch; (7) Das Gesetz in mir; (8) Der bestirnte Himmel über mir; (9) Denkmals-Skulptur; (10) Innenansicht; (11) Hergestellt als Radierung; (12) Über 1.000 Meter hoch. (13) Unterer Rand (in deutscher Sprache): "Der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir. Immanuel Kant".
Literatur
- „Kant gewidmet". Kunstausstellung Kaliningrader und Königsberger Künstler. Kaliningrad 1994, S. 58f.; zweisprachiger deutsch-russischer Katalog. Die Ausstellung fand 1994 in Kaliningrad (Juli/August) und in Ellingen (Obtober) statt. Initiatoren: Kunstgalerie Kaliningrad und Künstlergilde Esslingen.
- Eva Masthoff: Hommage an Königsberg. Russischer Künstler schuf Bucheignerzeichen; Artikel in: Das Ostpreussenblatt/ Preußische Allgemeine Zeitung, 26.04.2003, S. 9.
- Website Sergej Tyukanov: <a href="
- JF" class="redactor-autoparser-object"><a href="http://www.tyukanov.com
- <a" class="redactor-autoparser-object">www.tyukanov.com
- <a href="
- JF" class="redactor-autoparser-object">JF Ptak Science books: http://longstreet.typepad.com/...
Copyright/ Aufbewahrungsort
© Sergej Tyukanov, Chicago; Privatbesitz. Die weitere Verbreitung dieser Abbildung ist ohne ausdrückliche Zustimmung der Rechteinhaber untersagt.
Publiziert im Februar 2019
Zitierweise
Matthias Weber: Immanuel Kant in Werken der modernen Kunst – Sergej Tyukanov;
(in Bearbeitung)