Museen und Kulturpolitik. Grenzlandmuseen und 'volksdeutsche' Museumskonzepte
Im Kontext der Heimatbewegung und in Verbindung mit der Institutionalisierung des Faches Volkskunde entstanden Anfang des 20. Jahrhunderts im Deutschen Reich und Österreich-Ungarn zahlreiche kulturgeschichtliche sowie volkskundliche Museen. Die Musealisierungstendenzen korrespondierten zudem mit einem Konzept, das nach dem Ersten Weltkrieg eine starke gesellschaftliche und politische Aufmerksamkeit erfuhr, dem so genannten Grenz- und Auslandsdeutschtum. Im Rahmen dieses Projektes wird untersucht, wie das Konzept in der Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus museal umgesetzt wurde. Die Museen und Ausstellungen werden einerseits als das Ergebnis wissenschafts- und kulturpolitischer Prozesse und andererseits als epistemische Institutionen verstanden, in denen Wissensbestände und Narrative produziert und vermittelt wurden. Im Zentrum stehen die beteiligten Akteure und Akteurinnen, ihre Netzwerke und einflussreiche Institutionen in der Kulturpolitik sowie im Museumswesen des Deutschen Reiches. Ihre Sammlungspraktiken und Präsentationsstrategien sowie die in den Museen entwickelten Formen der Wissensordnung sollen in den Blick genommen werden. Dabei liegt ein Schwerpunkt auf den Auswirkungen politischer Umbrüche auf die musealen Darstellungen, etwa inwieweit sie beharrend und konservierend wirkten oder durch neue Konzepte vielmehr gesellschaftliche Transformationen spiegeln.
Flyer zur Tagung "Museen in Phasen des politischen Umbruchs. Das östliche Europa im Fokus / Museums in Times of Political Change. Looking at Eastern Europe" 2018 (Copyright: BKGE)
Vom 7. bis 9. November 2018 fand die Tagung „Museen in Phasen des politischen Umbruchs. Das östliche Europa im Fokus / Museums in Times of Political Change. Looking at Eastern Europe", gefördert durch Drittmittel des Schroubek-Fonds (https://www.schroubek-fonds.volkskunde.uni-muenchen.de/index.html) und die Volkskundliche Kommission des Herder-Forschungsrates (https://www.herder-forschungsrat.de/forschungsrat/) am BKGE in Oldenburg statt. Sie bot Beiträge aus verschiedenen Disziplinen unter besonderer Berücksichtigung ethnologischer, historischer und museumswissenschaftlicher Ansätze. Das östliche Europa stand im Mittelpunkt; im Sinne einer vergleichenden Perspektive waren Beispiele aus anderen Regionen jedoch ausdrücklich erwünscht. Im Rahmen der Tagung wurde eine Reihe an Frage diskutiert: Welche Auswirkungen können politische Umbrüche auf Museen, auf die Museumsarbeit und auf die Ausstellungen haben? Setzen Museen den gesellschaftlichen Änderungen etwas entgegen oder bieten sie eher Kontinuität? Sind sie primär der Ersatz für Verluste durch Umbrüche in der Gesellschaft und wer entscheidet darüber, was die Verluste sind und wie sie zu ersetzen wären? Inwieweit haben politische Umbrüche und der damit einhergehende Machtzuwachs bzw. Machtverlust von Akteuren und Akteurinnen Auswirkungen auf die Existenz des Museums selbst? Wie werden politische Umbrüche in Museen dargestellt? Von wem gehen die Initiativen aus, wenn Transformationen dokumentiert werden? Wie können Museen als komplexe Gebilde, die vielfach das Ergebnis von Aushandlungsprozessen verschiedenster Akteure und Akteurinnen mit sich widersprechenden Ansprüchen, Zielen, Ideen, Identitäten, Deutungen und Wertungen sind, untersucht werden?
Zum Tagungsbericht von Dr. Jana Nosková, Akademie der Wissenschaften in Brünn/Brno (Tschechien): Deutsch und Tschechisch