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"Gibt es noch eine besondere Volkstracht?"

Erhebungen zur "Weizacker Tracht" in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg

Gitta Böth

"Wir reiben uns die Augen und sehen wieder hin, so wunderbar muten uns die Trachten und Gestalten an; wir glauben gar nicht mehr, in Pommern, noch weniger in dem alles nivellierenden und alle Volkseigentümlichkeit verwischenden, alle Trachtenbesonderheiten aufhebenden 19. Jahrhundert zu sein, so originell und einzig apart sind diese Trachten und Gestalten der Pyritzer Bauern aus dem Weizenacker. Und sie halten was auf sich und sind stolz auf ihre Besonderheit; dieser kräftige gesunde Menschenschlag." (1)

Als sich im Juni 1909 die damaligen pommerschen Mitglieder des Deutschen Vereins für ländliche Wohlfahrts- und Heimatpflege zu einer Provinzialabteilung zusammenschlossen, legten sie einen Arbeitsschwerpunkt auf die planmäßige Förderung der Wohlfahrts- und Heimatpflege mit dem Ziel, "die Tätigkeit auf diesem Gebiete beleben" (2) zu wollen. Eine ihrer ersten Aufgaben sahen sie darin, "der Allgemeinheit einen Bericht über die derzeit bestehenden Wohlfahrtseinrichtungen Pommerns zugänglich [zu machen], der einen Überblick über das bietet, was bei uns bereits im Dienste der ländlichen Wohlfahrtspflege geschehen ist und welche Erfolge damit erzielt sind; der ferner allen denen, die sich auf diesem Gebiete betätigen wollen, die Möglichkeit gewährt, sich zu unterrichten und aus Vorbildern für ihr Vorgehen Kenntnis zu schöpfen sowie Fehlschlägen und Mißerfolgen vorzubeugen." (3)

Die Daten des Berichtes wurden in einer schriftlichen Frageaktion erhoben; der Fragebogen widmete sich den Themen "A. Einrichtungen zur Besserung der wirtschaftlichen und sozialen Zustände", "B. Einrichtungen für die Gemeindepflege", "C. Einrichtungen zur Pflege des Geistes- und Gemütsleben", "D. Förderung der Heimatpflege; religiöse Dorfs- und Volkssitte und Sage" und stellte abschließend "E. Allgemeine Fragen". (4)

Verschickt wurden 687 Fragebögen; Adressaten "der ebenso mühseligen wie kostspieligen Umfrage" (5) waren die Pfarrhäuser und Landratsämter der Provinz Pommern. Die Rücklaufquote war mit 538 beantworteten Fragebögen relativ hoch. Während sich alle Landräte beteiligten, brachte die Mahnaktion unter den säumigen Geistlichen keine Verbesserung; daher wurden für die fehlenden Ortschaften die dortigen Lehrer befragt - "mit bestem Erfolge. Denn kaum einer der angegangenen Herren ist mit der Rücksendung der meist sehr sorgfältig und eingehend beantworteten Fragebogen im Rückstande geblieben." (6) Dass dennoch kein Gesamtbild Pommerns mit Anspruch auf statistische Genauigkeit gezeichnet werden konnte, wurde mit Hinweis auf die Lückenhaftigkeit des Materials in der Einleitung explizit vermerkt. (7)

Aus kleidungsgeschichtlichem Blickwinkel interessiert die Auswertung der Antworten zu Punkt 3 des Fragekomplexes D zur "Förderung der Heimatpflege". (8) Gefragt wurde hier nach dem Vorhandensein "einer besonderen Volkstracht", danach, ob sie noch allgemein getragen werde und ob etwas zu ihrer Erhaltung geschehe. (9) Die Antworten fielen, wie für den gesamten die Heimatpflege betreffenden Abschnitt, dürftig aus. Pastor Eckert, der die erhobenen Daten auswertete, vermerkte dazu: "... die zur Beantwortung gestellten Fragen haben meistens einen Strich erhalten zum Zeichen, daß nichts darüber zu sagen ist." (10)

Was erfahren wir zum Thema "Volkstracht"? (11) Zwei "besondere Volkstrachten" sind erwähnt: die, "welche wir auf Rügen (Mönchgut) und im Pyritzer Weizacker haben". (12) Beide sind - so Pastor Eckert - "im Schwinden begriffen. Auf Rügen sucht man den Verfall aufzuhalten, im Weizacker geschieht nichts dagegen." (13) Der den Weizacker betreffende Abschnitt ist mit gerade einmal zwölf Zeilen sehr kurz und bezieht sein Wissen ausschließlich aus der Abhandlung "Woher stammt die Weizackertracht?" von Gymnasialdirektor Professor Dr. Robert Holsten (14) in Pyritz. Er habe "in dankenswerter Weise festgestellt, wo und von wie vielen die alte Tracht noch getragen wird, auch untersucht, woher sie vermutlich stammt. Sie wird heute noch in 43 Ortschaften von 333 Personen getragen, und zwar von 8 Männern und 325 Frauen. Hinsichtlich des Ursprungs kommt Dr. Holsten zu dem Ergebnis, daß die einwandernden Deutschen diese Tracht mitgebracht haben." (15)

Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich ausschließlich auf Mönchgut, wo "erheblich mehr zur Erhaltung der alten Volkstracht getan wird als im Weizacker; große Erfolge sind freilich damit nicht erreicht worden." (16) Ausführlich informiert wird - auch hier im Rückgriff auf bereits Veröffentlichtes - über das "in seiner Anlage und Ausführung so eigenartig(e)" (17) Mönchguter Trachtenfest (durchgeführt in den Jahren 1908 ff.), "an welchem sich nur echte Mönchguter beteiligen dürfen", (18) und die damit einhergehenden Versuche von Landrat Freiherr von Maltzahn, Studienrat Alfred Haas und dem Vorsitzenden der Mönchguter Ortsgruppe des Deutschen Vereins für ländliche Wohlfahrts- und Heimatpflege Pastor Steurich, mit Geldprämien die Bewohner der südostrügenschen Halbinsel Mönchgut "wieder für die Tracht ihrer Väter zu erwärmen und sie zu veranlassen, sich nicht der herrschsüchtigen Frau Mode zu unterwerfen, sondern als ein freies, stolzes Geschlecht in der Tracht ihrer biederen Vorfahren einherzugehen." (19)

Das Prämien-System sah vor, Eltern, "welche die Tracht noch selber tragen und sich verpflichten, auch ihre Kinder wieder darin zu kleiden, ... jährlich 100 Mk. und für jedes Kind, das die alte Tracht wieder anlegt, außerdem noch je 50 Mk." (20) zu zahlen; die Hälfte der Prämie sollte auf einem Sparbuch verzinslich angelegt und erst, nachdem das jüngste Kind "in Tracht" die Volljährigkeit erreicht hatte, ausbezahlt werden. Die Geldmittel, über die man auf Mönchgut verfügen konnte, beinhalteten auch Zuschüsse vom Kreis Rügen und der Provinz Pommern. Um sich hinsichtlich des nicht allzu großen Erfolges dieser "Trachtenerhaltungs-" beziehungsweise "-erneuerungsbestrebungen" einen Eindruck machen zu können, seien nachfolgend die verausgabten Gelder für das Jahr 1910 genannt: Landrat Freiherr von Maltzahn zahlte vier Familien aus Mariendorf, Groß-Zicker und Gager mit zusammen einem Mädchen und fünf Jungen insgesamt 500 Mark aus und legte für jede Familie weitere 50 Mark auf ein Sparbuch. (21)

Im Übrigen waren es häufig die Landräte, die sich im Rahmen der Heimat(schutz)bewegung ideell und finanziell für die "Trachtenerhaltung", "-pflege" oder auch "-erneuerung" in ihrem Amtsgebiet einsetzten. (22) Sie gliederten sich damit ein in das im Deutschen Reich immer größer werdende Heer von "Trachtenerhaltungs-Bewegten". Ausgehend von Süddeutschland, wo schon im beginnenden 19. Jahrhundert der Wert von "trachttragenden" Landbewohnern und -bewohnerinnen für den Tourismus und den Absatz von auf dem Lande erzeugten Produkten als verkaufsfördernd erkannt wurde, verbreitete sich die "Trachtenbewegung" langsam nordwärts. Besonderen Einfluss auf die "Trachtenbegeisterung" hatte der badische Pfarrer Heinrich Hansjakob, der mit seiner 1892 erstmals veröffentlichten Schrift "Unsere Volkstrachten. Ein Wort zu ihrer Erhaltung" (23) dieser Form der "Heimatpflege" wichtige Argumente an die Hand gab: Die "Volkstrachten" sah er als Symbol für die Festigkeit der alten Ordnung, für das Festhalten am Überlieferten, für die Bewahrung angeblich bäuerlicher Tugenden wie Frömmigkeit, Herrschertreue, Naturverbundenheit oder Sinn für Ästhetik; mit dem Ablegen der "Trachten" setze der Bauer der guten alten Zeit ein Ende und öffne der Sittenverderbtheit, bisher Charakteristikum der leichtlebigen Stadtmenschen, auch auf dem Lande Tür und Tor. Wenngleich Hansjakobs agrarromantisierendes Bild vom Bauern in seiner idyllischen Welt mit den realen Lebensumständen der Landbevölkerung am Ende des 19. Jahrhunderts nichts gemein hatte, so wurde seine Schrift doch ein wichtiges und weit verbreitetes Hilfsmittel der "Trachtenpflegebewegung" - einer Bewegung, die hauptsächlich im bürgerlichen Milieu angesiedelt war, jedoch auch von Adeligen mitgetragen wurde.

Dass in dieser Bewegung der Begriff "Tracht" ohne eine exakte Definition dessen, was einen bestimmten (zumeist regionalen oder lokalen) Kleidungsstil überhaupt zur "Tracht" macht, benutzt wurde, war vor dem beschränkten, auf Bäuerliches fixierten Vorstellungsbild zweitrangig. "Die Tracht" war das äußere Zeichen für eine idealtypische Lebensform, ihr tatsächliches Erscheinungsbild war bedeutungslos, da die Betrachtenden zwischen Fiktion und Realität nicht differenzierten. (24)

In Pommern wurde die "Trachtenpflege" - wie bereits oben angedeutet - unterstützt (25) durch den Provinziallandtag, der beispielsweise in seiner Sitzung am 12. März 1908 den Beschluss fasste, in seinen Haushalt für 1908 den Betrag von 500 Mark für die "Erhaltung der pommerschen Volkstrachten" einzustellen. Darüber berichtete Gustav Bentlage in den Pommerschen Heimat-Blättern von 1907/1908, (26) machte sich hier besonders Gedanken über das Wie. Anders als in den westlich und südlich gelegenen Provinzen, in denen es möglich sei, "die Volkstracht durch die Bildung von Vereinen zu fördern", sah er in Pommern dazu keine Chance: "Der Gedanke ... wird in Pommern zweifellos wenig Wurzeln schlagen, da allgemein eine Uebermüdigkeit zu bemerken ist." (27) Leider führte Bentlage diesen Gedanken nicht aus; so bleibt offen, ob er eine "Uebermüdigkeit" hinsichtlich neuer Vereine und dem damit zwangsläufig verbundenen Vereinsleben oder aber hinsichtlich der "Tracht an sich" meinte. Einem weiteren Vorschlag - Förderung des "Trachttragens" am Konfirmations- oder Hochzeitstag durch Prämien - stand er selbst kritisch gegenüber, "verspricht ... sich infolge der Kostspieligkeit eines solchen Unternehmens nicht viel." (28) Bei der dritten Variante - hausindustrielle Weberei-Betriebe fertigen "Trachtenkleider" an - schien Bentlage am ehesten Erfolgschancen zu sehen, zumal die Möglichkeit bestehe, dass unter "Umständen ... die zahlreichen Badegäste in den pommerschen Bädern auch nicht abgeneigt [wären], dieses oder jenes Erzeugnis unserer Heimatkunst aufzukaufen und so in doppelter Hinsicht für die Erhaltung und Ausbreitung der pommerschen Volkstrachten zu wirken." (29) Als weitere Förderungsmaßnahme schlug Bentlage "die Veranstaltung von Volksfesten, bei denen ausschließlich Volkstrachten getragen werden dürfen" (30), vor.

Zurück zur Auswertung der Befragungsergebnisse von 1910: Eigene Angaben zu den regionalen ländlichen Kleidungsgewohnheiten in Vor- und in Mittelpommern und zu den dortigen Trachtenerhaltungsbestrebungen, die auf der Frageaktion der Provinzialabteilung Pommern des Deutschen Vereins für ländliche Wohlfahrts- und Heimatpflege basieren, gibt es nicht. Die Ursache dafür ist zwischen den Zeilen in der von Pastor Eckert zitierten Abhandlung von Robert Holsten zu finden: Ein differenziertes regionalgebundenes Kleidungssystem, das für alle, für Jung und Alt, für Männer und Frauen gültig war, gab es Anfang des 20. Jahrhunderts nicht (mehr?); die als "Weizacker Tracht" bezeichnete Kleidung war ausschließlich zur Alterskleidung einiger weniger Frauen geworden: "...in vielen Dörfern wird die Tracht nur noch von wenigen alten Mütterchen, die wegen ihres Alters nur selten sichtbar werden, oder gar nur von einem einzigen getragen; in vielen Dörfern ist sie schon ganz verschwunden, und es lebt nur noch die Erinnerung daran, daß sie einmal vorhanden war." (31)

Holsten erhielt seine Kenntnisse über die ehemalige Verbreitung der "Weizacker Tracht" durch die Befragung von in den betreffenden Dörfern ansässigen Bewohnern, die ihrerseits bildungsbürgerlich interessiert waren und Gewährsleute - die "ältesten Leute" - befragten: allen voran die Geistlichen, aber auch "eine Reihe von Landleuten, auch einige Lehrer ... und auch Damen [sowie] ... einige meiner Schüler". (33)

Holsten listete die Anzahl der Männer und Frauen, die zum Untersuchungszeitpunkt noch die "Weizacker Tracht" trugen, "wenn nicht mehr in allen Fällen in alter Reinheit", (34) wie folgt auf (35) :


Zur Tabelle "Trachtentragende nach Holsten"


Auf das äußere Erscheinungsbild der Kleidung geht Holsten in seinem Aufsatz nur dann ein, wenn es nicht seiner Vorstellung des regionaltypischen Kleidungsstils im Weizacker entspricht - so vermerkt er kurz, dass die "echte Weizackertracht" zum Untersuchungszeitpunkt vielfach mit modernen Stücken versetzt sei. (36) "Wie diese [´echte´] Volkstracht aussieht, weiß jeder einheimische Leser dieser Abhandlung aus eigener Anschauung; ein altes Mütterchen wird jeder in ihrer eigentümlichen Tracht gesehen haben. Für die Wissenschaft ist diese Tracht bisher nur durch Abbildungen festgelegt, welche in der Schrift ´Bilder aus dem pommerschen Weizacker. Der 35. Allg. Versammlung der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft in Greifswald dargebracht von der Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Altertumskunde zu Stettin. Stettin 1904´ veröffentlicht sind." (37)

Nachfolgend werde ich versuchen, anhand ausgewählter Belege das Bild der im Weizacker getragenen Regionalkleidung so differenziert wie möglich nachzuzeichnen und auch auf Fehlendes hinzuweisen. Methodisch ist dies ein schwieriges Unterfangen, da die Quellen nur spärlich fließen, schriftliche Hinweise allzu häufig Nachzitate ohne Quellenangaben sind, die zudem häufig ideologisch eingesetzt Vergangenes schönschreiben sollen, und auch die Abbildungen eher als romantisierend denn als realistisch einzuordnen sind - Probleme, denen sich die wissenschaftliche Volkskunde verstärkt seit den 1960er/1970er Jahren stellt. (38)

Als besonders signifikanter Gegenstand der bäuerlich-ländlichen Kultur gehörte die "Volks-" oder "Bauerntracht" zu den "Klassikern" im volkskundlichen Kanon. Als "volkstumsbegeisterte" Bauernkunde betrieben, glorifizierte die traditionelle Volkskunde das Landleben, verklärte den Bauernstand, der angeblich Innovationen unaufgeschlossen gegenüberstand und damit als Bewahrer ungebrochener Traditionen gelten konnte. Bei einem derartigen Fachverständnis war es folgerichtig, dass "Volkstrachten" - mit dem Etikett "unwandelbar" oder "uralt" versehen - undifferenziert als Zeichen für eine (vergangene) "heile Welt" interpretiert wurden. Sie wurden in ihren äußeren Bestandteilen detailliert beschrieben, ohne dass ihre Indikatorenfunktion berücksichtigt wurde; in ländlichen Gegenden, in denen es keine "Trachten" (mehr) gab, wurde nach "Trachtenresten" gefahndet, die zu vermeintlich stimmigen Kleidungsbildern zusammengestellt wurden. (40) Die veröffentlichten Materialkunden veranlassten zudem eine Vielzahl nicht wissenschaftlich ausgebildeter "Trachtenforscher" und "-forscherinnen", auch in dieser Richtung zu publizieren. Weiterführende Wege in der Forschung wurden selten beschritten, die wenigen richtungweisenden Anregungen kaum aufgegriffen. (41)

Erst die Hinwendung der wissenschaftlichen Volkskunde zu den Sozialwissenschaften brachte eine Ausweitung der Fragestellungen an das Untersuchungsobjekt und damit eine veränderte Herangehensweise mit sich; das eng begrenze Feld der "Trachtenkunde" wurde zugunsten einer umfassenderen Kleidungsforschung verlassen. Über die bloße Betrachtung der Realien "an sich" hinausgehend, untersucht sie Kleidung im gesellschaftlichen Zusammenhang, der sozio-kulturelle Bedingungen und historische Entwicklung mit einschließt. Sie rückt die Verzahnung von Kleidungsgeschichte, individuellem Kleidungsverhalten und zeittypischer Kleidungskultur ins Zentrum des Interesses, versteht sich daher sowohl als historische als auch als Gegenwartsforschung. Zu Ergebnissen gelangt sie durch die Kombination vieler Quellen und die Anwendung sozialwissenschaftlicher Methoden. (42)

Obwohl in der traditionellen Volkskunde "Tracht" ein beliebter Untersuchungsgegenstand war, wurde der Begriff nicht definiert. Jedermann schien zu wissen, was darunter zu verstehen sei. So wurde eine Vielzahl von kulturellen Erscheinungsformen unter einen einzigen (oft allerdings mit "Volk", "Bauern", "Landes" oder "National" zusammengesetzten) Begriff gefasst. Wolfgang Brückner benannte die Fallen, in die man aufgrund der vagen Terminologie fallen konnte: Bereits in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts waren "Trachtenfolklorismus" und "Volkstrachten" nicht eindeutig voneinander zu trennen; in der "Trachtenentdeckung und deren Beschreibung" sah Brückner - auf Ernst Klusens Begrifflichkeit von 1969 zurückgreifend (43) - "´Fund und Erfindung´ zugleich." (44)

Was ist - betrachtet man den Kleidungsbereich - Fund, was ist Erfindung im Weizacker des 19. Jahrhunderts? (45)

"Der kleine Bezirk der Umgebung von Pyritz, gewöhnlich als ´der Waitzacker´ bezeichnet, ist es namentlich, welcher hinsichtlich eigenthümlicher Sitte und Tracht sich von den übrigen Theilen der Provinz besonders bemerkbar macht. Originell in der Form der Bekleidung, die zum großen Theil aus selbstgefertigten Stoffen besteht, und bei weiblicher Tracht wiederum durch mühsame Handstickereien ausgeschmückt ist, zeigt dieselbe auch zugleich die Wohlhabenheit ihrer Besitzer an." (46)

Mit diesen Worten führte Professor Albert Kretschmer gegen Ende des 19. Jahrhunderts in "Das große Buch der Volkstrachten" in den Textteil "Pommern" ein, bevor er auf zwei Textseiten seine beiden in den 1860er Jahren entstandenen "Original-Zeichnungen" (Tafeln 9 und 10) erläuterte. Kretschmer, Hofmaler und Kostümbildner am Königlichen Hoftheater in Berlin und einer der Förderer des dortigen 1889 eröffneten "Museums für deutsche Volkstrachten und Erzeugnisse des Hausgewerbes", reiste - so beschreibt es Hans H. Hofstätter in seiner Einführung in den Reprint - "vornehmlich in den Theaterferien durch die Lande und aquarellierte mit unerhörter Geduld und Genauigkeit die Trachten der Bauern" (47), allerdings stets aus dem Blickwinkel des Theatermenschen heraus, der seinen Bühnenbildner- und Kostümbildnerkollegen realitätsnahe Vorlagen für "Volkstrachten" an die Hand geben wollte. Kretschmer beschränkte sich auf die jeweils typischsten Beispiele aus der Landschaft, setzte sie in Szene, und zwar so, dass man die Kleidungsensembles von allen Seiten sehen konnte; Männer und Frauen sind ebenso vertreten wie Kinder und Alte.

Tafel 9 zeigt vorrangig Männerkleidung: Drei Männer, einer mit Kleinkind auf dem Arm, füllen die Bildmitte aus. Eine Frau und ein Mädchen sind in Rückansicht am rechten Bildrand zu sehen. Wie in den meisten in dieser Zeit erschienenen "Trachtenbüchern" üblich, nimmt die Beschreibung der Männerkleidung nur einen Bruchteil der Erklärungen zur Frauenkleidung ein; sie geht aber auch auf die drei abgebildeten Männer direkt ein. (48)

Links steht ein älterer reicher Weizackerbauer frontal zum Betrachter, in der rechten Hand einen Spazierstock, die linke in der Hosentasche. Er trägt das Outfit für gewöhnliche Markttage: blauer Tuchrock, blaue Tuchweste, schwarzseidenes Halstuch, weißlederne Kniehosen, weiße Strümpfe, lederne Stiefel, schwarzer breitkrempiger Hut aus glattem Filz mit breitem schwarzseidenen Band. Der lange Tuchrock ist rot gefüttert; Aufschläge und Rundschnureinfassung sind ebenfalls rot. Der Besatz mit großen Talerknöpfen verweise auf den Reichtum des Trägers; bei ärmeren seien schwarz besponnene üblich - so Kretschmer. Silberne hohe Knöpfe zieren auch die Weste längs der Brust und an den Taschen. Die Krempe des Hutes wird an den Seiten durch mehrere am Hutkopf befestigte Schnüre in aufrechter Form gehalten; ihre Unterseite ist zur Hälfte mit schwarzseidenen Rüschen und Rosetten verziert. Das breite schwarzseidene Band hängt im Nacken herab.

Nur der Kopf ist zu sehen von einem sonntäglich gekleideten jüngeren Mann - erkennbar am schwarzen Zylinder aus langhaarigem Seidenfilz, "der mit halbseidenem, gemusterten Bande dergestalt vom unteren Theile des Hutkopfes nach der Höhe umwickelt ist, daß er dessen Seitenwand in der Rundung vollständig bedeckt und oben in der vorderen Hälfte in breiter Faltenlage endigt." (49)

Ein junger Mann mit Kind auf dem Arm wendet dem Betrachtenden den Rücken zu. Er trägt den langen Tuchrock und Stiefel; seine am Rand mit schwarzem Pelz besetzte Mütze von karmesinrotem Tuch mit goldenen Borden und Troddeln ist Teil der "Haustracht". Die Kleinkindkleidung ist nicht zu sehen; zu erkennen ist lediglich, dass das Kind ein langärmeliges Oberteil trägt.

Die Beschreibung Kretschmers greift wohl auf ältere Veröffentlichungen über die Weizacker Regionalkleidung zurück. So könnte der mit "ey" gezeichnete Artikel "Trachten im Waizacker", der 1869 in der "Illustrirten Zeitung" erschien, Kretschmer bekannt gewesen sein. Sein Buchtext stellt inhaltlich eine gekürzte Form des Zeitungsartikels dar; er benutzt nahezu dieselben Wörter und gibt nur sehr wenige Informationen, die über den Artikel, dessen Passage über die Männerkleidung nachfolgend komplett zitiert wird, hinausgehen:

"Männer und Knaben tragen bis zu den Knöcheln hinabreichende, rothgefütterte und mit schwarzen, wohlbesponnen Knöpfen besetzte, blaue Tuchröcke, ohne oder doch mit nur flach anliegenden weichen Kragen. Die Kanten sowie Aermel und Taschen der Röcke sind überall mit rothem Vorstoß versehen. Die kurze, kragenlose, blaue, ebenfalls mit schmalen, rothen Bändern und grüngeschürzten Knopflöchern versehene Weste (´Bosdok´, Brusttuch) ist mit einer Reihe halbkugelförmiger, dicht beieinanderstehender, silberner, auch neusilberner Knöpfe besetzt. Die große, herabhängende Schleife eines schwarzseidenen Halstuches bedeckt dieselbe fast zur Hälfte. Die Beinkleider von dunkelfarbigem Tuch werden bis zum Knie von hohen Stiefeln bedeckt. Nur in den Dörfern Brietzig und Lettnin sind von alters her weiße, lederne oder auch leinene Kniehosen und weißwollene Strümpfe im Gebrauch. Ebenso ist die Kopfbedeckung der Männer in diesen beiden Dörfern eine andere als im übrigen Waizacker, nämlich ein fast ganz mit schwarzem, gepresstem Sammtband umnähter, niedriger, gewölbter Hut von dickem, groben Filz mit 6 Zoll breiter, ganz flacher Krämpe, welche durch Schnüre mit der Hutwölbung in Verbindung gehalten und so vor dem Herabsinken gesichert wird. Das Sammtband hängt im Nacken in langer Schleife herab. In allen übrigen Dörfern hat der ähnlich bebänderte Hut die Cylinderform, derselbe ist statt mit der Nackenschleife am Vordertheile oben mit einer Sammtkrause geziert. - Bei Ausrichtungen und Besuchen im Dorfe erscheint der Bauer mit der ´Michelmütze´, einem anschließenden, mit dunkelm Pelzrande und goldenen Schnüren mit Troddel besetzten, runden Käppchen von scharlachrothem Tuche. Alte Männer tragen noch nach früherer Sitte langes, zurückgekämmtes Haar, welches hinten durch einen in demselben auch unter der Kopfbedeckung steckenbleibenden, großen Krummkamm festgehalten wird. Bei jüngeren Männern ist wegen des jetzt militärisch geschnittenen Haares der Krummkamm in Wegfall gekommen." (50)

Für welche Zeit gelten nun diese Aussagen zur Männerkleidung? Im Illustrirten-Artikel von 1869 erfolgt keine zeitliche Einordnung; es wird der Eindruck erweckt, als sei "die reiche und alterthümliche Tracht" die alltägliche Kleidung der Männer und Jungen. 16 Jahre später führen die Autoren der "Charakterbilder aus deutschen Gauen, Städten und Stätten" zwar mit dem verallgemeinernden Satz "Die Weizackerschen Bauern tragen lange blaue, mit Rot besetzte Tuchröcke und Westen mit einer dichten Reihe von blanken Knöpfen" (51) in ihre Beschreibung der Situation im Weizacker ein, stellen dann jedoch fest: "Doch vor der alles gleich machenden neuen Zeit verschwindet auch die Volkstracht des Weizackers. Das mittlere und jüngere Geschlecht entwöhnt sich derselben mehr und mehr. In dem größten Teile Pommerns ist überhaupt von einer Volkstracht keine Rede mehr, und der einfachste ländliche Tagelöhner erscheint bei feierlicher Gelegenheit (Kirchgang oder Begräbnis) in schwarzem Überrock und Cylinderhut, so dass er von dem Arbeiter der Großstadt nicht zu unterscheiden ist." (52)

Diese Einschätzung deckt sich mit Ergebnissen aus der "Wenker-Befragung". Der Dialektforscher Georg Wenker, der seit 1876 einen "Deutschen Sprachatlas" vorbereitete, sammelte in seinem wissenschaftlichen Großprojekt Mundartenmaterial. Die Daten erhob er in den Jahren 1879/80 in einer postalischen Fragebogenaktion; die Mahnaktion erfolgte sieben Jahre später. Als eine Zusatzfrage stellte er als Frage 7 (Nacherhebung Frage 9):

"Haben die Einwohner Ihres Schulortes noch eine ausgeprägte Volkstracht?
a) die Männer b) die Frauen" (53)

Befragt wurden Lehrer an 45.000 Schulorten im Deutschen Reich. Die Rücklaufquote war mit über 90% extrem hoch. Das gewonnene Mundartenmaterial wurde in synchrone Kartenbilder der Verbreitung von lautlichen und syntaktischen Erscheinungen umgesetzt, die die auf die "Volkstracht" bezogene Frage bisher nur für wenige Gebiete ausgewertet hat. (54) Das Material ist heute im Forschungsinstitut für deutsche Sprache "Deutscher Sprachatlas" an der Philipps-Universität Marburg archiviert.


















Trotz der Problematik einer Auswertung der Antworten auf diese Frage - zu denken ist hier besonders an die Begrifflichkeit; nicht alle Befragten verstanden unter "Volkstracht" dasselbe - sind Aussagen möglich. Schauen wir uns das den Weizacker betreffende Material an. (55) Für folgende zwölf Orte bejahten die Lehrer das Vorhandensein "einer ausgeprägten Volkstracht" der Männer: Altengrape (Alt-Grape), Briesen, Brietzig, Groß Schönfeld, Groß Zarnow, Klein Rischow, Köselitz, Möllendorf, Prilup (Prilipp?), Rackitt, Sabes und Wartenberg.

In zehn Orten bezogen sich die Aussagen auf den seinerzeit aktuellen Stand, also auf die 1880er Jahre. Anders als bei einigen die Frauenkleidung betreffenden Antworten blieben die Lehrer wortkarg, gaben nur dürftige Beschreibungen:

1. Briesen: "tragen lange blaue Tuchröcke, roth gefüttert, mit ausgezacktem Kragen in roth eingefaßt; schwarzseidenes Halstuch mit großen Schleifen, Weste mit blanken, dicken Knöpfen, schwarzer Filzhut mit schwarzem, gepreßtem Sammetband, Hosen wurde in langen Stiefeln getragen. - Die Tracht erlischt." (Lehrer W. Christian, Geburtsort: Suckow a. d. Ihne) (56)

2. Brietzig: "lange Tuchrocke, viele kleiden sich, besonders die Jungen, schon bürgerlich." (Lehrer Carl Friedrich Wellmer, Geburtsort: Isinger) (57)

3. Groß Schönfeld: "Langer Rock mit rothem wollenem Futter." (Lehrer Lehr, Geburtsort: Rothen) (58)

4. Groß Zarnow: "z. Th. die sogenannte Bauertracht, lange blaue Röcken mit rothen Knöpfen." (Lehrer Groß, Geburtsort: Carolinenhof-Plathe) (59)

5. Koeselitz: "20" (Lehrer Hornung, Geburtsort: Brüsewitz, seit 44 Jahren in Koeselitz) (60)

6. Möllendorf: "lange, blaue Röcke mit rothen Biesen; langen Stiefeln und niedrigem Cilinder mit breitem Band." (Lehrer Fürstenau, Geburtsort: Groß Stepenitz) (61)

7. Prilup: "Ist bei beiden Geschlechtern nur noch teilweise vorhanden." (o.A.) (62)

8. Rackitt: "selten" (Lehrer Gustav Kaselow, Geburtsort: Neuengrape) (63)

9. Sabes: "Lange, blaue Röcke, ohne Kragen mit schmalem, rothen Vorstoß, rothem, wollenem Futter, die Weste eng mit gelben Knöpfen besetzt, Beinkleider desgl oder von gelbem Leder. Die Tracht ist im Verschwinden." (Lehrer Alitzlaff , Geburtsort: Rosenfelde) (64)

10. Wartenberg: "nur zum kleinen Theil" (Lehrer Polley, Geburtsort: Stettin). (65)

Für Altengrape wies Lehrer Wellmer, der im 1/2 Meile entfernten Isinger geboren wurde, nach der Kurzbeschreibung der ehemaligen Männerkleidung - "trugen früher kurze Hosen, eine Weste mit vielen Knöpfen, einen Rock mit rothem Futter u. einen Hut mit Schleifen von Sammet" - darauf hin, dass diese Kleidung vor zirka 30 Jahren noch vorhanden war, jedoch bei beiden Geschlechtern "jetzt im Erlöschen begriffen [ist]. Die Jugend kleidet sich wie in den Städten." (66) Und Lehrer Wilhelm Ortel, gebürtig aus Hohenziethen, stellte für Klein Rischow kurz und bündig fest: "die früher übliche Bauerntracht ist fast abhanden gekommen." (67)

Etwa zeitgleich mit Wenkers Erhebungen anzusetzen ist die Veröffentlichung "Streifzüge durch Pommern". (68) Der Autor zeichnete ein völlig anderes Bild von den Menschen im Weizacker als aus den Antworten der Wenker-Befragung geschlossen werden kann. Während der Reise durch die Landschaft und beim Aufenthalt in Pyritz Gesehenes und Erlebtes kann eigentlich nur wunschgeträumt sein: Da wurde "dem alles nivellierenden und alle Volkseigenthümlichkeiten verwischenden, alle Trachtenbesonderheiten aufhebenden 19. Jahrhundert" (69) eine Idylle gegenübergesetzt, die mit der Realität nur wenig zu tun hatte. Der Autor griff auf alte Bilder zurück - die Männer, "herkulische, schön gewachsene Gestalten" (70), tragen einen langen, blauen Gehrock, Weste, Halstuch, eine Art Pelzmütze, Kniehosen, dazu dunkle Gamaschen oder Strümpfe mit Schuhen, sonst hohe Stiefel -, überhöhte sie durch die Wortwahl zusätzlich.

Die Beschreibungen der "Pommerschen Volkstrachten", die Alfred Haas 1905 im Beiblatt der Stettiner Neuesten Nachrichten lieferte, bieten hinsichtlich des äußeren Erscheinungsbildes der Weizackermänner Hinweise auf Veränderungen: Während der lange blaue Tuchrock "früher ausschließlich - selbst bei den Feldarbeiten - getragen wurde, ziehen die weizäckerischen Bauern neuerdings bei der Arbeit eine kurze, wattierte, geblümte Jacke an." (71) Haas führte einen Kleidungsstil vor, der - wie er selbst sagt - "im Laufe der letzten fünf Jahrzehnte nicht nur stark zurückgegangen, sondern ... jetzt auch fast dem Aussterben nahe" (72) ist. Dass er dennoch den Eindruck vermittelte, als "lebe die Tracht", hat sicherlich mit seinem Engagement für die organisierten "Trachtenerhaltungsmaßnahmen" zu tun.

Ähnlich verhält es sich mit Robert Holsten, der 1914 neben anderem zur "Männertracht" (73) im Pyritzer Weizacker publizierte. Auf sechs Seiten zeichnete er ein Bild vom "trachttragenden" Bauern, sprachlich überwiegend gegenwartsbezogen, in der Fußnote dies jedoch relativierend: "Ich gebrauche auch bei der Beschreibung der Männertracht das Präsens, obgleich diese eigentlich völlig der Vergangenheit angehört." (74) Holsten, der in seiner "Volkskunde des Weizackers" in das Kapitel "Die Tracht" mit klaren Einschätzungen der bis dahin erschienenen Beschreibungen der "Weizacker Tracht" einführte - Albert Kretschmer: Abbildungen "im allgemeinen brauchbar, doch wie der Text nicht in allen Stücken richtig und ausreichend" (75); Friedrich Hottenroth und Karl Spieß: schrieben bei Kretschmer ab (76); Rose Julien: Abbildung und Beschreibung nicht erschöpfend; Alfred Haas: gibt "das Wesentliche richtig" an (78) -, gab zwar umfassende Beschreibungen der Männerkleidung und differenzierte im Text, soweit möglich, nach Orten, Trageanlässen, sozialer Schicht, Alter, Jahreszeit. Dennoch kann auch in seiner Veröffentlichung aufgrund der unspezifischen zeitlichen Einordnung nicht der Fund von der Erfindung unterschieden werden: Es bleibt ungeklärt, wann welche Kleidungsensembles alltäglich getragene Kleidung waren, welche Kleidungselemente wann mit bestimmten anderen kombiniert werden konnten oder mussten, zu welcher Anlässen diese dann getragen wurden und ähnliche Fragen.

Auch die dem Buch beigefügten Abbildungen helfen nicht weiter, obwohl immerhin auf sechs der neun Bildtafeln auch Männer abgebildet sind. Die Bilder sind in der Regel nicht datiert; einige sind - so Holstens Hinweis - "der Festschrift ´Bilder aus dem pommerschen Weizacker, der 35. Allg. Versammlung der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft zu Greifswald dargebracht von der Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Altertumskunde zu Stettin. Stettin 1904.´" (79) entnommen. Das einzige zeitlich eingeordnete Foto in Holstens Publikation, auf dem auch zwei (ältere) Männer zu sehen sind, zeigt eine "Gruppe von solchen Bewohnern Brietzigs, die sich 1894 noch nicht umgekleidet hatten." (80)

Aufgenommen im Freien ist die Qualität der Schwarz-Weiß-Fotografie dermaßen schlecht, dass hinsichtlich der Kleidung der abgelichteten Männer keine differenzierten Aussagen zu machen sind. Es kann lediglich festgehalten werden, dass die Beiden die breitkrempigen Hüte mit den im Nacken herabhängenden Bändern tragen. Brietzig war - wie bereits oben angeführt - der Ort im Kreis Pyritz, wo nach Holstens Umfrage 1910 noch vier Männer die "Weizacker Tracht" trugen.

Wenden wir uns nun der Frauenkleidung zu. Eine Beschreibung aus dem Jahr 1885 hat - kurz und bündig - die Elemente benannt, die die Kleidung der Weizackerinnen zur typischen "Weizacker Tracht" machen: "eine Menge kurzer faltiger Röcke von lebhaften Farben, hochrote Strümpfe und Mieder, die mit vielen kleinen silbernen Plättchen und sonstigem Schmuck geziert sind." (81) Wie sah die Kleidung nun aber tatsächlich aus, was war Klischee?

Rose Julien, die mit ihrem Buch "Die deutschen Volkstrachten zu Beginn des 20. Jahrhunderts" 1912 eine auch im wissenschaftlichen Kontext durchaus ernstzunehmende Publikation vorlegte, hatte im Weizacker die traditionelle Frauenkleidung "nach dem Leben aufgenommen und beschrieben" (82), wobei sie sich hier allerdings - was sie nur in wenigen Fällen tat - auf die Datenerhebung einer Mittelsperson, nämlich auf Pastor Petzsch aus Brietzig (83), bezog. Julien wollte in ihrer Veröffentlichung "anschaulich in den Hauptzügen zusammenfassen, was um die Wende des Jahrhunderts im Deutschen Reich an völkischer Tracht lebendig war. Ältere, schon abgestorbene Formen sind nur in einigen Fällen herangezogen worden, wo die Lücken ohnedies zu große wären und durch Zeichen * markiert." (84) Der Hauptzweck des Buchs war, "für breitere Massen des Volkes ein einfaches, gemeinverständliches Erinnerungsbuch zu schaffen, denn nie bringt uns der Zeiten Wandel dies Eigenkleid zurück, an dem Jahrhunderte gebaut haben." (85)

Julien beschrieb im Kapitel "Trachtenreste in Norddeutschland" (86) die "Frauentrachten" im Weizacker, nach Ansicht von Holsten allerdings - wie bereits erwähnt - zu wenig erschöpfend. Dennoch soll Julien zitiert werden, da sie das Bild einer Kleidung zeichnet und auch zeigt (87), das (teilweise auch heute noch) als typisch für die Weizackerin gilt:

"In Pommern blieb das Weizackergebiet bei Pyritz ein Hort der Volkstracht, die sich bei Frauen mittleren Alters noch überall erhalten hat, während die der Männer bereits seit längerem geschwunden ist. Die Haube schmiegt sich weich um den Kopf... Sie ist schwarz für Frauen, blau für Mädchen mit bunten Bändern und einem roten silberbestickten Haubenboden; doch sind blaue Hauben nur noch selten anzutreffen, da die Jugend sich städtisch kleidet. Der grellrote Rock mit dem grünen Bandbesatz am Rande wird vorn ganz von der langen gestickten Schürze bedeckt, die neuerdings auch häufig aus schönen bunten Bauerntüchern hergestellt ist. Sie muß um wenig länger sein als der Rock, dessen weite gebrannte Falten durch eine stattliche Zahl von Unterröcken gebauscht sind, ihn kurz und breit und die Damen vom Weizacker als wandelnde Glocken erscheinen lassen. Wie alle Kurzröckigen treiben sie Luxus mit Strümpfen und Strumpfband, die mit schöner bunter Flachstickerei in eigenartig reizvollen Mustern völlig bedeckt sind. Die Farben und ihre Abstimmung zueinander, nach welchen die verschiedenen Ortschaften voneinander unterscheiden, sind ein Reiz dieser Tracht, die nur leider den Oberkörper dadurch plump erscheinen läßt, daß beim Festputz drei, vier, auch fünf Tücher übereinander umgebunden werden, die das dunkle Leibchen aus Sammet oder Tuch völlig bedecken. Das oberste Brusttuch ist meistens rot, oder blau und in großblumigen, naiven Mustern mit Seidenstickerei bedeckt. Das Leibchen zeigt an Brust und Rücken reichen Schmuck von grünseidenen Schleifen. Wie bei der Schwälmer Tracht schaut beim festtäglichen Putz unter den Röcken handbreit das Hemd hervor. Der Halsschmuck ist der übliche in Niederdeutschland. Eine dicke Bernsteinkette (Krällen) mit langen Rückenbändern liegt über der breiten weißen Halskrause. Beide werden von den Seidenbändern der Haube völlig bedeckt. Häufig bindet man über die Schürze noch eine gestickte Tasche und bei kühlem Wetter wird ein Mantel umgetan, der ... einen bis zum Ellenbogen reichenden Überkragen hat, welcher im Weizacker einer dreifachen Pelerine gleicht." (88)

Im Jahre 1896 stellte Robert Mielke fest: "Mit derselben gelassenen Bereitwilligkeit [wie in der hessischen Schwalm] trägt die Bäuerin vom Weizacker bei Pyritz ihre 11 Kirchenröcke übereinander oder die junge Braut ihre schwere Brautkleidung, wenn sie zur Kirche schreitet." (89) Er gab damit indirekt Einordnungshilfen für Juliens Aussagen zur Kleidung der Weizerackerinnen ab dem mittleren Alter, verdeutlichte gleichzeitig jedoch auch den Mangel von zu pauschalen Beschreibungen: Die Vielzahl der Röcke, die die an Glocken erinnernde Kleidersilhouette der Weizackerfrauen erst ermöglichte, gehörte zur Kirchgangskleidung, war also keinesfalls Teil jedes Ensembles der Frauenkleidung. Robert Holsten gab 1914 zum Thema "Frauenrock" weitere Informationen, die hier angefügt werden sollen, da sie helfen können, das Bild "der typischen Weizackerin in Tracht" zu relativieren, wenngleich auch Holsten in seinen Aussagen nicht eindeutig ist. Holsten beschrieb "Die Frauentracht" der Bäuerin (90) in ihren vielfältigen, teilweise anlassbezogenen Details - sozusagen "von innen nach außen" und "von oben nach unten" -, fügte zum Teil noch Schnittzeichnungen bei und ging im Einzelnen auf Hemd, Überteil (91), Halskrause, Josip (92), Röcke, Strümpfe, Strumpfbänder, Schuhe und Stiefel, Jope (93), Tasche, Schürze, Halstücher, Halskragen, Krallen (94), Frisur, Kopfbinde, Haube, Strohhut, Mantel, Muff und Handschuhe ein.

Zur Kleidung gehörte - er ist oben angeführt - der Josip, ein ärmelloses Mieder, eng am Oberkörper anliegend, vorn geknöpft und unten in einem mit Werg oder Heu ausgestopften Wulst endend. Auf diesem auf den Hüften liegenden Wulst wurden die Röcke abgelegt - "5 oder 6, auch 7 - 8 übereinander" (95). Holstens Aussage bezieht sich allerdings auf "die Normaltracht der Frauen im Weizacker. Von ihr gibt es bei besonderen Gelegenheiten Abweichungen allerlei Art. Bei der Arbeit begnügt sich die Bäuerin mit weniger Röcken; sie trägt etwa zwei und dazu nur den Josip." (96) Dass Holsten die Arbeitskleidung zu der an besonderen Gelegenheiten getragenen Kleidung zählte, mag heute verwundern, ist aber mit der zeitgenössischen Auffassung von Sachkulturforschung in der Volkskunde zu erklären. (97) Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass die Vielzahl der Röcke, die die "glockenförmige" Silhouette der Frau - das zentrale Kennzeichen dieser regionalen Kleidung - erst richtig zur Geltung brachte, in der Alltagskleidung nicht getragen wurde.















Holsten richtete in seinen ausführlichen Beschreibungen das Augenmerk vor allen Dingen auf feiertägliche Anlässe, schilderte diese aber hinsichtlich der Kleidungsgewohnheiten relativ ausführlich:

  • Die aus sechs Stoffbahnen gefertigten Röcke, deren Vorderbahnen glatt, die übrigen fünf Bahnen in schmale Falten gelegt sind, werden über den Kopf gestreift und an der Seite über dem Wulst des Josip abwechselnd rechts und links.
  • Die Unterröcke, entweder aus Fries oder wattiert, sind stets kürzer als der über ihnen liegende Rock.
  • Die Röcke schneiden daher unten alle gleich ab.
  • Sie reichen bis knapp unters Knie, die Frau zeigt also Wade.
  • Reich geschmückte Strumpfbänder schauen unter den Röcken hervor.
  • In einigen Dörfern des Weizackers, nämlich in den Ortschaften südlich des Flusses Plöne, sieht auch das weiße Hemd handbreit hervor. Holsten versucht das damit zu erklären, dass die Bäuerinnen zeigen wollen, "daß nicht nur äußerlich alles sauber und gut ist, sondern daß sie auch ein gutes Hemd anhaben." (98)
  • Eine kattunene oder seidene, mit Blumen bestickte Schürze hängt über die Röcke, die etwa eine handbreit kürzer sind, herab.
  • Die Farbigkeit des Oberrockes symbolisiert das Alter seiner Trägerinnen: Kleine Mädchen bis zum 10. Lebensjahr werden mit Röcken aus buntgeblümten Samtmanchester bekleidet. Die älteren Mädchen und jüngeren Frauen tragen den roten Rock mit schmalen schwarzen Längsstreifen ("Vierkamm") und parallel zum unteren Rand Bandbesatz in rot, grün und blau, während die Älteren ab dem 35. Lebensjahr in schwarzgraue Röcke mit schmalen blauen Streifen ("Blaubunt") und unten angebrachtem Bandbesatz in blau und grün oder in grün mit blau, wobei das unten abschließende Band jeweils schmal ist, gekleidet sind.
  • Schwarz ist die Farbe der Röcke für besonders feierliche Gelegenheiten: Zur Hochzeit und zum Abendmahl wird ein Rock aus schwarzem Tuch angelegt, der unten mit schwarzseidenem Band eingefasst ist.
  • Schwarz ist aber auch die Farbe der Trauer.

Holsten lieferte nicht nur - wie am Rock vorgeführt - die Beschreibung der Kleidungsstücke, sondern er ging auch auf Gestik und Trageweise ein, leitete daraus sogar einige Gründe für das "Ablegen der Tracht" ab. Hinweise wie: "Die Menge der Röcke und das Hüftpolster des Josip bewirken, daß die Frauen sehr dick aussehen und wie wandelnde Glocken einhergehen. Beim Gehen schlagen die Röcke die Röcke hinten wogend hin und her. Das Niedersitzen ist nicht immer bequem, besonders in den engen Kirchenstühlen." (99) gliederte er in die allgemeine Beschreibung der Frauenkleidung ein. Daneben benannte er in seinem Kapitel "Das Gebiet der Tracht" (100) mit deutlichen Worten die gesundheitlichen und persönlichen Beeinträchtigungen, die Frauen durch ihre traditionelle Kleidung erfuhren: "Die Tracht wird abgelegt, weil die Leute in ihr nicht auffallen mögen; eine Bäuerin sagte mir, sie habe die Tracht aufgegeben, als die polnischen Schnitter ins Land gekommen seien; diese hätten sie immer ausgelacht. Aber auch gesundheitliche Rücksichten kommen in Betracht. Die Frauentracht hält den Unterleib nicht warm genug; einerseits sind die Röcke zu kurz, andrerseits stehen sie wegen des Wulstes, der sie trägt, zu weit vom Leibe ab. Dieser Grund hat für ein altes Mütterchen aus Werben, das im vorigen Jahre ihre Tracht noch auf ihre alten Tage abgelegt hat, den Ausschlag gegeben. Auch klagen unsere Ärzte, dass die Frauen, die Weizackertracht tragen, viel am Unterleib zu leiden haben. Manchmal spricht auch die Schamhaftigkeit mit, die Röcke sind gar zu kurz. Natürlich legen viele die Tracht auch ab, weil sie lieber mit der Mode gehen und wechseln wollen und ein modisches Kleid billiger bekommen." (101)

Holsten führte hier einen Großteil der Gründe an, die auch in anderen Gegenden den Ausschlag dafür gaben, dass Frauen ihre regionalgebundene traditionelle Kleidung zugunsten von Modekleidung aufgaben; so zeigten sich beim Vergleich des Weizackers mit der hessischen Schwalm, deren kurzröckige Frauenkleidung in der trachtenkundlichen Literatur oft mit der im Weizacker gleichgesetzt wurde, viele übereinstimmende Gründe fürs "Umkleiden", darunter die negativen Reaktionen von außerhalb auf das Andersgekleidetsein oder die Gallen- und Leberkrankheiten durch die schweren, den Leib einschnürenden Röcke. (102)

Bevor mit dem Ablegen der traditionellen regionalspezifischen Frauenkleidung im Weizacker sozusagen der Schlusspunkt gesetzt wird, möchte ich zeitlich etwas zurückgehen und die Aussagen von Julien und Holsten mit früheren Belegen konstrastieren.

Historische Belege zum Vorhandensein der "Weizacker Frauentracht" sind nur sporadisch überliefert; die lückenlose Kontinuität über einen längeren Zeitraum lässt sich ebenso wenig nachweisen wie eine Überlieferung des Kleidungsstils aus dem 18. Jahrhundert. Für das 18. Jahrhundert zieht Walter Borchers zwar als Belege Kleiderordnungen heran, darunter eine von 1731, in der "seidene Röcke, Camisöler und Lätze zu tragen" den Dienstmädchen und den "gemeinen Weibsleuten", den "Christen und Juden" verboten wurde (103); das tatsächliche Vorhandensein einer regionalspezifischen Kleidung lässt sich damit jedoch nicht belegen, da Rock, Kamisol und Latz zum seinerzeit üblichen Repertoire in der Modekleidung gehörten. (104) Erst für das 19. Jahrhundert finden sich dann vereinzelte (Bild-)Belege. (105)

Ludwig Most (106) malte um 1840 ein "Pommersches Bauernmädchen sich zum Tanze schmückend": Das Mädchen, das in die "Weizacker Tracht" der jungen Frauen gekleidet ist, betrachtet sich im Spiegel, während es sich einen Strauß ansteckt; ihre Kleidung umfasst alle für den Weizacker typischen Elemente: die Ohren verdeckende Haube, die herabhängenden Schleifen, das bunte Tuch, die Halskrause, den roten, weit abstehenden, kurzen Rock, die darüber herabhängende Schürze, die bestickten Strümpfe und Strumpfbänder. Neben dem Spiegel hängt ein Strohhut, wie ihn etwa ein Vierteljahrhundert später auch Albert Kretschmer in seiner Tafel 9 abbildete.

Kretschmer malte am rechten Bildrand dieser Tafel die Kleidungsstücke einer Frau, die sie beim Marktbesuch in den Städten trug: den langen blautuchenen Mantel mit kleinem Stehkragen, von dem eine dreifache Pelerine herabfällt, die am Saum gezackt und mit roter Schnur besetzt ist, sowie den Strohhut mit schwarzem Samtband. Das barfüßige Mädchen trägt vorn über dem roten Faltenrock, der am Saum mit einem breiten grünen Band und am Rand mit schmalem roten Band abgesetzt ist und unter dem das helle Hemd sichtbar hervorlugt, eine lange Schürze; über dem hellen Hemd, dessen Ärmel hochgeschoben sind, bedeckt ein rotgemustertes, dreizipflig gelegtes Tuch, dessen Spitze im Rücken bis zur Taille reicht, den Oberkörper.

Seine Körperhaltung ähnelt stark der des ebenfalls barfüßigen Mädchens auf der "Originalzeichnung von C. Huth: ´Trachten im Waizacker (Pommern)´", die den Artikel in der Illustrirten Zeitung bebildert. (107) Als Kopfbedeckung komplettiert bei Kretschmer allerdings der Strohhut des Mädchens das Kleidungsensemble: Es hat ihn als Sonnenschutz nach vornüber gekippt, sodass die Haare am Hinterkopf sichtbar sind.

Kretschmers auf das Jahr 1864 datierte Bildtafel "10, Pommern, Weitzacker" zeigt zentral in Vorderansicht eine junge Frau, die die ideale Verbildlichung seiner in die Frauen-Kleidung einführenden Worte ist: "Die Frauen, wenn sie im vollen Staat zur Kirche gehen oder Festlichkeiten beiwohnen, sind namentlich durch den Umfang ihrer Röcke, deren sie elf übereinander tragen, sowie auch durch die Buntheit der Stoffe und Stickereien sehr auffallend in der Erscheinung." (108) Der Blick wird jedoch nicht nur auf die Gesamterscheinung der Frau gelenkt, sondern auch auf den exakt in der Bildmitte abgebildeten Muff, ein hier nicht unbedingt erwartetes Kleidungselement, das sich den meisten erst beim Lesen des Textes erschließt: "... endlich eine Pelzmuffe mit farbigen Schleifen, die auch am heißesten Augustsonntage ihren Dienst zu leisten hat, und aus welcher ein sehr großes weißes gesticktes Taschentuch nach beiden Seiten heraushängt, [... ist] zur Sonntagstracht unerläßlich." (109)

Im Bildhintergrund auf der rechten Seite verlassen zwei Männer die Kirche - der eine unter anderem mit Zylinder, das Gesangbuch unter den Arm geklemmt, den anstelle der Stiefel ebenfalls gebräuchlichen gebundenen Halbschuhen sowie den bei Kirchgängern "üblichen" grünen Fäustlingen an beiden Händen, der andere nur schemenhaft erkennbar mit breitkrempigen Hut. Verdeckt dahinter steht - lediglich als Staffage, da ihre Kleidung kaum zu erkennen ist - eine Frau. Die im Hintergrund nach links aus dem Bild gehenden Frauen zeigen die Rückansicht der Kleidung - komplett sichtbar ein junges Mädchen, das etwa das gleiche Kleidungsensemble trägt wie die zentral dargestellte Frau; sie hat die blaue Haube auf dem Kopf, die nahezu verdeckte Frau neben ihr - von der Physiognomie deutlich als ältere Frau erkennbar - hingegen die schwarze Haube.

Die im Mittelpunkt von Tafel 10 stehende junge Frau trägt die Kirchgangskleidung und verkörpert darin das nicht nur in wissenschaftlichen Abhandlungen, sondern auch in populären Medien verbreitete Klischee der Weizackerin in perfekter Weise. Dies mag der hier auszugsweise zitierte Artikel "Trachten im Waizacker", der am 21. August 1869 - also fünf Jahre, nachdem Kretschmer die Bildtafel fertigte - in der Illustrirten Zeitung (110) erschien, belegen:

  • "Die weibliche Tracht ist auffallend bunt und reich.
  • Frauen und Kinder sind mit kurzen, bis zum Knie hinabreichenden Röcken bekleidet, in denen sie, da sie deren 10 bis 12 übereinander tragen, äußerst umfangreich erscheinen.
  • Die Röcke ... sind ... in dichte, kleine Falten gepreßt, deren ein Rock wol 150 hat.
  • Nur vorn bleibt der Rock etwa 1/2 Elle ungestaltet, wird aber hier durch eine lange, gewöhnlich violette, mit großen gelben Blumen gestickte Schürze von wollenem oder seidenen Damast bedeckt, welche durch breites, buntseidenes Band mit sehr langer Vorderschleife zusammengehalten wird.
  • Mädchen und noch ganz junge Frauen tragen rothe ... Röcke.
  • Am untern Rand sind die rothen Röcke mit kornblumenblauem oder hellgrünem, ... handbreiten Seidenband ringsherum besetzt.
  • Die Brust bedeckt eine rothgepaspelte Jacke von feinem, schwarzen Tuch, von welcher jedoch nur die mit breitem, blauen oder grünen Seidenband in Form von Aufschlägen mit langen, herabhängenden Bandenden garnirten Aermeln sichtbar werden,
  • da alles übrige durch ein in der Farbe den Röcken entsprechendes, seidenes, sorgfältig und zierlich gestaltetes und mit Stickerei in loser Seide und Flittern überladenes Tuch verhüllt wird.
  • Ueber dies Tuch hängt hinten die breite schwarze Sammtschleife eines großen, doppelten Bernstein-Halsgeschmeides lang herab.
  • Außer diesem ziert den Hals eine handbreite weiße Krause.
  • Ebenso gekräuselte Manschetten treten aus den Aermeln hervor und bedecken zum Theil die Hände.
  • Die Kopfbedeckung bildet eine ... mit schwarzem Seidenband und ebensolcher Kinn- und Nackenschleife besetzte, glatte, runde Kappe. Sie reicht über Schläfe und Wangen, ist aber oben ... weit ausgeschnitten ...
  • Die langen wollenen Strümpfe werden unterhalb der Knie von seidenen Bändern mit großer Schleife gehalten.
  • Die Schleifen hängen fast bis zu den schwarzen, über dem Fuß an einer Reihe von etwa sechs blanken Knöpfen besetzten Sammtschuhen hinab."

Der Illustriertenartikel "Trachten im Weizacker" von 1869 endete mit dem Hinweis auf das rapide Verschwinden des dortigen regionalspezifischen Kleidungsstils; der Kommentar dürfte dem stadtflüchtenden Leser, der landtümelnden Leserin aus dem Herzen gesprochen gewesen sein, entsprach er doch ganz der zeittypischen bürgerlichen Romantisierung bäuerlich-ländlicher Werte: "Leider ist die alte Tracht jetzt stark in Abnahme begriffen, und mit ihr gehen die Eigenthümlichkeiten ihrer Inhaber auch einer schnellen Verflüchtigung entgegen. Es bietet einen wunderlichen, seit einiger Zeit nicht mehr seltenen Anblick, bei der Fahrt zur Stadt oder sonst wohin auf den Wagen die Mutter in der alten Tracht, neben ihr aber die Tochter, mit städtischem, mitunter recht geschmacklosen Putz, oft überladen, sitzen zu sehen." (111)

Wie stellten sich nun die im Weizacker lebenden Menschen zum Vorhandenen und zum Verschwindenden? Welche Kommentare gaben sie? Wie schätzten sie die Situation ein? Kommen wir zur Beantwortung dieser Fragen nochmals auf die eingangs zitierte Wenker-Befragung zurück und betrachten die auf die Frauenkleidung bezogenen Ergebnissen aus den 1870er/1880er Jahren.

Für die folgenden 19 Orte im Kreis Pyritz wurde die Frage nach dem Vorhandensein einer "ausgeprägten Volkstracht", die von Frauen getragen wird, bejaht: Altengrape (Alt-Grape), Briesen, Brietzig, Groß Rischow, Groß Schönfeld, Groß Zarnow, Horst, Isinger, Klein-Rischow, Köselitz, Lettnin, Möllendorf, Prilup (Prilipp?), Rackitt, Raumersaue und Griesenthal, Sabes, Wartenberg und Werben.

Einige Lehrer gaben ausführliche Beschreibungen der Frauenkleidung und verwiesen auf (vermeintliche) Besonderheiten, wie Lehrer Fürstenau, der in Groß Stepenitz geboren wurde, für seinen Schulort Möllendorf: Frauen tragen "Gewöhnlich rothe Faltenröcke, an Festtagen schwarze, die nur bis zum Knie reichen; schwarze Jacken; lange Schürzen, länger wie der Rock. Ganz bunte gestickte Strümpfe; die Strümpfenbänder haben lange, herabhängende Schleifen, halbe Sammetschuhe mit blanken Knöpfen und Schleifen. Schwarze Jacke mit engen Aermeln und Knöpfen aus Schleifen. Winter und Sommer ein Muff und bunte, wollene Handschuhe. Durch den Muff wird ein langes weißes Tuch gezogen, das zu beiden Seiten herunterhängt. Bunte Tücher, welche mit Flitter überladen sind. Kopfbedeckung eine schwarze Kappe mit langen Schleifen. Gegen 12 Röcke werden angezogen, die auf den Hüften auf einem Wulst ruhen, daher weit abstehen." (112)

Andere Lehrer antworteten kurz und knapp. (113) "Ja: die Nationaltracht des Pyritzer Weizackers", lautete beispielsweise die Antwort von Lehrer Lindemann aus Jasjow bezüglich seines Schulortes Lettnin. (114) Der seit 44 Jahren in Koeselitz ansässige Lehrer Hornung (Geburtsort: Brüsewitz) gab die Anzahl der dortigen "zum Theil die Tracht des Pyritzer Weizackers" tragenden Frauen mit "30" an. (115) Und Lehrer Hörning aus Cremmin teilte mit, dass von den Frauen in Horst "ein kleiner Bruchtheil die sogenannte Weizackertracht mit kurzen Faltenröcken" trage. (116)

Etwas ausführlicher beschrieb Lehrer Wellmer, der 1/2 Meile von seinem Schulort Altengrape entfernt geboren wurde, die "Tracht" der Frauen: "kurze faltenreiche Röcke, bunter ausgenähete Strümpfe u. Tücher, Kappe mit Bändern." Er fügt - auf beide Geschlechter bezogen - hinzu: "War früher vor c. 30 Jahren noch vorhanden, aber jetzt im Erlöschen begriffen. Die Jugend kleidet sich wie in den Städten. Früher wie bei a u. b bemerkt." (117) Für Brietzig vermerkte Lehrer Carl Friedrich Wellmer, der aus Isinger stammte: "Ja, die sogenannte Weizackerertracht, kurze, wollene Rocke, auf einem Wulst, viele über einander. Einige Frauen und Mädchen kleiden sich auch schon bürgerlich." (118) Ähnliches galt für Groß-Rischow, wie Lehrer Martens, geboren in Bernstein, schrieb: "kurzröckig mit vielen Falten, unten mit blauem Band besetzt; ausgestickte Tücher, Kappmützen und Sammtschuhe, die jungen Frauen und Mädchen - städtisch seit etwa 15 Jahren." (119)

Auf Differenzierungen der "Bauerntracht" in den verschiedenen Altersgruppen wies Lehrer Groß in Groß Zarnow hin: Frauen "trugen schwarze mit blauem Band besetzte, die Mädchen rothe Röcke, schwarze Kappen mit langen Schleifen, eine Korallenschnur um den Hals und bunte Strümpfe." (120) Auch in Groß Schönfeld gab es altersbedingte Unterschiede; Lehrer Lehr, gebürtig aus Rothen, schrieb: "Ja! theilweise. Kurze rothe oder schwarze Röcke bis zum Knie, bunte ausgestickte Strümpfe, Strumpfbänder mit langen Schleifen daran, schwarze Sammtschuhe mit Schleifen und Knöpfen, Muffen theilweise von Bärenfell mit einem Tuch durchzogen, (auch im Sommer benutzt,) - Manchester und Tuchjacken, - Ärmel mit blauem Bande besetzt und gestickt, - große seidene Tücher in allen Farben gestickt, - auf dem Kopfe Kappen, bei den Frauen schwarz und bei den Mädchen blau, theils Seide, theils Wolle, - Bernstein Korallen mit langem Sammtband, - grüne Handschue ausgestickt, - breiter Kragen, - bei Schmutzwetter rothe Stulpenstiefel. - (Weizackertracht) Langes Hemde, noch bei Etlichen." (121). Für Werben gab es den kurzen Hinweis, dass "die Frauen wie in Groß Schönfeld" gekleidet seien. (122)

Unter die Rubrik "Die früher übliche Bauerntracht ist fast abhanden gekommen" - so Lehrer Wilhelm Friedrich Ortel aus Hohenziethen für seinen Schulort Klein Rischow (123) - lassen sich weitere Aussagen fassen, und zwar für Prilup: "Ist bei beiden Geschlechtern nur noch teilweise vorhanden." (124), für Rackitt: "etwas häufiger [als bei den Männern], aber im Abnehmen begriffen" (Lehrer Gustav Kaselow, Geburtsort: Neuengrape) (125), für Wartenberg: "nur zum kleinen Theil" (Lehrer Polley, Geburtsort: Stettin) (126) und für Wobbermin: "Es war früher eine eigene Volkstracht; dieselbe ist aber seit einigen Jahren verschwunden." (Lehrer Paul Walter, Geburtsort: Schnittringen). (127)

Auf die Frauenkleidung ausführlicher eingehend, dennoch aber mit dem dick unterstrichenen Hinweis auf deren Verschwinden beschrieb Lehrer Alitzlaff , geboren in Rosenfelde, die "ausgeprägte Volkstracht" der Frauen in Sabes: "Kurze, wollene, roth u schwarz gestreifte Röcke, wenig über das Knie hinabreichend und davon bis 12 Stück übereinander, rothe Strümpfe mit grünen Verzierungen an der Seite; schwarze Sammetschuhe mit grünem oder rothem oder schwarzem Besatz; das Mieder von schwarzem Sammet, eng anschließend, blaue Kappe mit breitem Bande, das Haar völlig bedeckend; rothes Tuch mit Goldplättchen gestickt. Diese Kleidung ist im Verschwinden. Bei Regenwetter u im Winter werden von den Frauen Stiefeln mit breiten gelben Stulpen getragen." (128) Und auch Lehrer W. Christian ist für seinen Schulort Briesen nach der Kurzbeschreibung der Frauenkleidung - "Kurze rothe und schwarze Faltenröcke mit breitem Band besetzt; schwarze Tuchjacke mit kurzem Fellschoß, lange bunte Schürzen; bunte gestickte Tücher mit Flittern, doppelbreite Fräse (Kragen) um den Hals, dicke Bernsteinkorallen, Kappmützen mit langen Bändern, rothe bunt ausgenähte Strümpfe, ausgeschnittene Sammetschuhe mit Bandrüsche u Knöpfe." - der besondere Hinweis wichtig: "Anmerkung. Die Tracht, wie bei Frauen angegeben, hört nach u nach auf; die Kinder mehrentheils haben sie nicht mehr". (129)

Die Antworten, die Georg Wenker in den 1870er/1880er Jahren auf seine Frage nach dem "Vorhandensein einer ausgeprägten Volkstracht" aus den Schulorten im Weizacker erhielt, waren sachlich gehalten, bemühten sich um exakte Benennungen und Beschreibungen und gaben - trotz aller methodischen Probleme, die eine derartige schriftliche Umfrage (und vor allem deren Auswertung) mit sich bringt - bessere Einblicke in die tatsächliche Situation als die Vielzahl der romantisierenden, einer nicht existenten Gleichmacherei das Wort redenden Veröffentlichungen. Emotionen wie Bedauern oder gar Trauer über das Verschwinden des regionalen Kleidungsstils im Weizacker finden sich in keinem der ausgefüllten Fragebögen. Und so soll auch hier - emotions- und kommentarlos wie in den Antworten, die entweder aus mit "Nein" versehenem, freigelassenem oder durchgestrichenem Antwortfeld bestanden - eine Tabelle den Schluss bilden.

Ergebnisse im Kreis Pyritz, Regierungsbezirk Stettin, Provinz Pommern, Preußen: Keine Trachten (mehr) gab es in folgenden, zum Weizacker gehörigen Orten (130):

Nr. Schulorte Name des Lehrers Geburtsort des
Lehrers
Fragebogen
(131)
1. Groß Mellen Julius Bergauer Werblitz 52146
2. Naulin Lehrer Haark Alt-Sarnow 52153
3. Neu-Grape keine Angaben keine Angaben 52142
4. Prillwitz Lehrer Leben keine Angaben 52161
5. Pyritz Lehrer Splinter, Lehrer
Erdmann
Köselitz, Schön-
bach bei Star-
gard
52149
6. Repenow Lehrer Stange Repenow 52148
7. Sabow Lehrer Seefeld Wobbermin 52038
8. Schwochoch Lehrer Deter Münsterberg bei
Stargard
52033
9. Strohsdorf keine Angaben keine Angaben keine
Angaben
10. Wobbermin Paul Walter Schnittringen 52154


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URL zur Zitation dieses Beitrages: https://www.bkge.de/weizackertracht/8026.html


Anmerkungen

(1) Dollen 1885, S. 73.

(2) Stojentin 1911, hier S. I.

(3) Ebd.

(4) Der komplette Fragebogen ist im Bericht abgedruckt. Vgl. Schema des zur Erhebung benutzten Fragebogens. In: Stojentin/Eckert 1911, S. IV-VII.

(5) Stojentin 1911, S. II.

(6) Ebd.

(7) Vgl. Einleitung. In: Stojentin/Eckert 1911, S. 1-3.

(8) Der Fragekomplex D umfasst zwölf Themengebiete: "volkstümliche Bauweise", "bäuerlicher Kunstfleiß", "Volkstracht", "Naturdenkmäler", "volkstümliche Spiele und Feste", "Spinnstuben", "Volkslieder" und "spezifisch dörfliche Musikinstrumente", "Ortschronik (Dorfgeschichte)", "Dorfmuseum", "künstlerische Pflege der Dorfkirche, des Dorfkirchhofes und seiner Grabdenkmäler" sowie "Ausschmückung der Wohnungen durch Rankgewächse, Vorgärten usw." Vgl. Schema des zur Erhebung benutzen Fragebogens, hier S. VI-VII.

(9) Ebd., S. VI. Der Begriff der "Volkstracht" wurde nicht definiert; es bleibt daher offen, ob jeder der Befragten unter dieser Bezeichnung dasselbe meinte. Zur Begrifflichkeit vgl. Böth 2001, hier S. 229-230.

(10) D. Förderung der Heimatpflege. Religiöse Dorf- und Volkssitte und Sage. In: Stojentin, Eckert 1911, S. 96-114, hier S. 96.

(11) Vgl. 3. Volkstracht. In: Ebd., S. 100-104.

(12) Ebd., hier S. 100. Hervorhebung aufgehoben.

(13) Ebd.

(14) Vgl. Holsten 1911b.

(15) 3. Volkstracht, S. 100. Hervorhebung aufgehoben.

(16) Ebd.

(17) Ebd.

(18) Ebd., S. 101.

(19) Ebd.

(20) Ebd.

(21) Vgl. ebd., S. 102.

(22) Jutta Böning hat dies in ihrer vorbildlichen Studie über "Das Artländer Trachtenfest. Zur Trachtenbegeisterung auf dem Land vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart" (Böning 1999) detailliert aufgearbeitet.

(23) Hansjakob 1896.

(24) Vgl. dazu zum Beispiel Böning, des weiteren Sauermann 1994 oder Brückner 2003.

(25) Auf die Förderung durch den ansässigen Adel soll hier nicht ausführlicher eingegangen werden; allein dessen bloße Anwesenheit - wie etwa beim 2. Mönchguter Trachtenfest 1909, an dem Fürst und Fürstin zu Putbus teilnahmen - unterstützte die Bestrebungen ideell.

(26) Vgl. Bentlage 1907/08.

(27) Ebd., S. 85.

(28) Ebd.

(29) Ebd.

(30) Ebd.

(31) Holsten 1911b, S. 2.

(32) Vgl. ebd.

(33) Ebd.

(34) Ebd. In Einordnungen wie "in alter Reinheit" manifestiert sich die Problematik, die durch die fehlende Definition dessen, was unter "Volkstracht" in der Befragung verstanden werden soll, entsteht.

(35) Ebd., S. 2-3.

(36) Vgl. ebd., S. 2.

(37) Ebd., S. 1-2. Detaillierte Beschreibungen liefert Holsten jedoch 1914: Holsten 1914b; insbesondere Kapitel: Die Tracht. S. 109-158; weitere Ausführungen dazu siehe unten.

(38) Zur wissenschaftsgeschichtlichen Einordnung der "Trachtenforschung" und zu den neuen Ansätzen der Kleidungsforschung siehe Böth 2001.

(39) Vgl. dazu Bimmer 1990.

(40) Franz Jostes - ein Beispiel unter vielen - inszenierte für sein "Westfälisches Trachtenbuch" (Bielefeld u.a. 1904) "Trachtenleben"; vgl. Böth 1987, besonders S. 22-24.

(41) Vgl. dazu Böth 2001, hier S. 221-226; siehe auch Böth 1999.

(42) Vgl. dazu Böth 1987. Obwohl bereits 1978 erschienen, ist Wolf-Dieter Könenkamps Dissertation immer noch beispielhaft, wenn es zu zeigen gilt, wie fruchtbar eine historisch ausgerichtete Kleidungsforschung arbeiten kann: Er untersuchte in den Vierlanden, wie Veränderungen im sozialen und ökonomischen Kontext auch den Wandel im Kleidungsverhalten der Bewohner dieses Gebietes im 18. und im 19. Jahrhundert hervorgerufen haben; er nutzte eine Vielzahl unterschiedlicher Quellen: Archivalien, Bildquellen, literarische Quellen sowie Originalkleidungsstücke. Vgl. Könenkamp 1978.

(43) Vgl. Klusen 1969.

(44) Brückner 1986, hier S. 371.

(45) Ich beziehe mich nachfolgend auf eine Vielzahl von Quellen. Nicht berücksichtigt habe ich jedoch originale Kleidungsstücke. Vgl. dazu Claudia Selheim: "Bienenkorbähnlich müssen die Röcke abstehen..." Trachten aus dem Weizacker in den Sammlungen des Germanischen Nationalmuseums .

(46) Kretschmer 1864/70, S. 15.

(47) Hofstätter 1864/70, hier S. XIV.

(48) Vgl. Kretschmer 1864/70, S. 15. Die nachfolgende Beschreibung orientiert sich an Kretschmers Beschreibung.

(49) Ebd.

(50) Trachten im Waizacker 1869, hier S. 152.

(51) Dorenwell/Hummel 1885, S. 107.

(52) Ebd., S. 108.

(53) Vgl. Fragebögen zum Deutschen Sprachatlas von Georg Wenker. Archiv des Forschungsinstituts für deutsche Sprache "Deutscher Sprachatlas". Philipps-Universität Marburg/Lahn.

(54) Für das Weser-Ems-Gebiet wurden die Befragungsergebnisse von mir im Rahmen des Projektes "Historische Kleidungsforschung in Niedersachsen" (1984 ff.) gesichtet; die Antworten sind im Niedersächsischen Freilichtmuseum - Museumsdorf Cloppenburg archiviert. Eyinck 1995. Auch Robert Gahde verwertete Antworten aus der Wenker-Befragung; vgl. Gahde 2001/2002.

(55) Vgl. ebd. Gesichtet wurden nur die im "Kreis Pyritz, Regierungsbezirk Stettin, Provinz Pommern, Staat Preußen" erhobenen Fragebögen; die Sichtung des in den umliegenden Kreisen erhobenen Materials ist bisher nicht erfolgt, sollte jedoch noch durchgeführt werden. Für die nette Betreuung bei meiner Arbeit im Deutschen Sprachatlas danke ich Herrn Dr. Wolfgang Näser.

(56) Ebd., Belegnummer: 52042.

(57) Ebd., Belegnummer 52157.

(58) Ebd., Belegnummer 52046.

(59) Ebd., Belegnummer 52141.

(60) Ebd., Belegnummer 52147.

(61) Ebd., Belegnummer 52040.

(62) Ebd., Belegnummer 52047.

(63) Ebd., Belegnummer 52145.

(64) Ebd., Belegnummer 52049.

(65) Ebd., Belegnummer 52029.

(66) Ebd., Belegnummer 52034.

(67) Ebd., Belegnummer 52039.

(68) Vgl. Dollen 1885.

(69) Ebd., S. 73.

(70) Ebd., S. 75; die Aufzählung der Kleidungsstücke findet sich auch hier.

(71) Haas 1905a, 1905b.

(72) Ebd.

(73) Vgl. Holsten 1914b, S. 126-132; dieses Unterkapitel enthält auch Hinweise zur Kinderkleidung.

(74) Ebd., S. 126, Fußnote 2.

(75) Ebd., S. 109.

(76) Vgl. ebd.

(77) Vgl. ebd., S. 109/110.

(78) Ebd., S. 110.

(79) Vgl. ebd., S. 110.

(80) So die Abbildungsunterschrift zu Tafel 9, vgl. ebd., S. 74 .

(81) Dorenwell/Hummel 1885, S. 107.

(82) Vgl. Julien 1912.

(83) Vgl. ebd., S. 6. Holsten verwies darauf, dass Julien selbst im Weizacker gewesen sei. Vgl. dazu Holsten 1914b, S. 109/110.

(84) Julien 1912, S. 5.

(85) Ebd., S. 6

(86) Vgl. ebd., S. 134-144.

(87) Vgl. ebd., Abbildung "Weizacker bei Pyritz", zwischen S. 134 und 135. Die Fotografie zeigt drei ältere Frauen in Frontal- beziehungsweise in Seitenansicht, die in festtäglicher Kleidung vor zwei Stalltüren aufgestellt sind. Sie zeigen - mit Ausnahme des Hemdes, das nicht handbreit unterm Rock hervorschaut - alle angeführten Kleidungselemente.

(88) Ebd., S. 137-140.

(89) Mielke 1896, S. 79.

(90) Holsten 1914b, S. 110-126, von dort auch die Aussagen über die Röcke. Quellenkritisch muss - wie für die Männerkleidung bereits geschehen - auf die mangelhafte zeitliche Einordnung von Holstens Aussagen hingewiesen werden.

(91) Das Überteil ist eine leinene Ärmeljacke, die zur Unterbekleidung gehört.

(92) Der Josip ist ein eng anliegendes, ärmelloses Mieder.

(93) Die Jope ist eine Ärmeljacke, die als Teil der Oberbekleidung getragen wird.

(94) Die Krallen sind Bernsteinketten.

(95) Holsten 1914b, S. 115.

(96) Ebd., S. 124.

(97) Im Zentrum des Forschungsinteresses stand das "Bewahrungswürdige", also das Pittoreske, das Schöne, das Wertvolle. Alltägliches aus der Arbeitswelt gehörte in der Regel nicht dazu. Vgl. dazu Weber-Kellermann/Bimmer/Becker 2003, besonders Kapitel 6: Von der Deutschen Volkskunde zur Europäischen Ethnologie, S. 137-191.

(98) Holsten 1914b, S. 113.

(99) Ebd., S. 116.

(100) Ebd., S. 135-142.

(101) Ebd., S. 136. Zu den Kosten der Kleidung gibt es nur wenige Hinweise. "Die vollständige Feiertagskleidung einer Bäuerin soll über sechshundert Mark an Wert haben." berichten beispielsweise Dorenwell/Hummel 1885, S. 107-108.

(102) Vgl. zum Themenkomplex "Ablegen/Umkleiden" Böth 1980.

(103) Zit. nach Borchers 1939, hier S. 58. Ähnlich geht Holsten beim Versuch, die Geschichte der "Weizackertracht" nachzuzeichnen, vor. Vgl. Holsten 1911b.

(104) Auch die von den Männern getragene "Tracht" gehört - wie Rudolf Helm feststellte - "dem Gesamteindruck nach ... dem frühen 19. Jahrhundert an ... Die Farben sind Blau und Rot, dunkel, hart und unharmonisch wie die Militärfarbe des 19. Jahrhunderts fast immer, es sind zweifellos dieselben Stoffe verwandt, die auch an das Militär geliefert wurden." Helm 1932b, S. 63.

(105) Ein interessanter Hinweis, der hier nicht herangezogen werden kann, findet sich in den "Mitteilungen aus dem Verein der Sammlung für Deutsche Volkskunde zu Berlin", Band V, H. 3-4, Berlin 1922, S. 97: Dort taucht in der Liste der Schenkungen eine "Spielpuppe in der Tracht einer Weizackerin, aus Berlin 1846-50" auf, die Fräulein Fanny Hübner aus Berlin dem Volkskunde-Museum übereignete. Eine Überprüfung müsste klären, ob die Puppe den Zweiten Weltkrieg überdauert hat und, falls ja, ob die Datierung richtig ist.

(106) Nach Angaben von Holsten wurde der Stettiner Ludwig Most 1807 geboren und starb 1883. Er war Zeichenlehrer am Vereinigten Königlichen und Stadtgymnasium in Stettin; sein Gemälde "Taufe in einer pommerschen Kirche" hing im Stettiner Museum. Das "Pommersche Bauernmädchen sich zum Tanze schmückend" wurde von "Ferd. Reichardt & Co. (R. Worgitzky in Berlin" als Farbendruck hergestellt und war seit den 1840er Jahren im Weizacker bekannt. Vgl. Holsten 1914b, S. 142.

(107) Vgl. Artikel, S.153. Überhaupt ähnelt sich der Bildaufbau beider Abbildungen: Die Menschengruppe ist zentral unter einem Baum aufgestellt, im rechten Hintergrund ist die Kirche zu sehen. Wer hier allerdings wen kopierte, konnte nicht ermittelt werden, da beide Abbildungen etwa zeitgleich angefertigt wurden bzw. erschienen.

(108) Kretschmer 1864/70, S. 16.

(109) Ebd.

(110) Das Zitat wurde von mir gegliedert. Vgl. Trachten im Waizacker 1869, S. 152-153.

(111) Ebd., S. 153.

(112) Fragebögen zum Deutschen Sprachatlas, Belegnummer 52040.

(113) Für Raumersaue und Griesenthal vermerkt Lehrer Platt aus Garden lapidar: Frauen "tragen teilweise bunte Faltenröcke." Vgl. ebd., Belegnummer unbekannt.

(114) Ebd., Belegnummer 52156.

(115) Ebd., Belegnummer 52147.

(116) Ebd., Belegnummer 52041.

(117) Ebd., Belegnummer 52034; a und b bezieht sich auf die Unterscheidung im Fragebogen nach a) Männer und b) Frauen.

(118) Ebd., Belegnummer 52157.

(119) Ebd., Belegnummer 52043.

(120) Ebd., Belegnummer 52141.

(121) Ebd., Belegnummer 52046.

(122) Ebd., Belegnummer 52037.

(123) Ebd., Belegnummer 52039.

(124) Ebd., Belegnummer 52047.

(125) Ebd., Belegnummer 52145.

(126) Ebd., Belegnummer 52029.

(127) Ebd., Belegnummer 52154.

(128) Ebd., Belegnummer 52049.

(129) Ebd., Belegnummer 52042.

(130) Für folgende Orte gibt Holsten Zahlen für "Trachtenträgerinnen" an: Naulin, 1 Frau; Pyritz 14 Frauen; Repenow 2 Frauen; Sabow 3 Frauen; Schwochoch 1 Frau; Strohsdorf 2 Männer, 14 Frauen; Wobbermin 4 Frauen. Die Differenz ist nicht mehr zu klären. Möglich ist, dass von einem unterschiedlichen "Trachtenbegriff" ausgegangen wurde. Für die Orte Latzow, Kunow und Leine konnten keine Fragebögen gesichtet werden.

(131) Belegnummern der Fragebögen zum Deutschen Sprachatlas.

Stand: 13.12.2011
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